Thüringische Landeszeitung (Gera)
Gera wird elektromobil
Nachgehakt: Zahl der Elektrofahrzeuge steigt und auch die Zahl der öffentlichen E-Ladesäulen
Seit Wochen stehen vier Ladesäulen für Elektroautos auf dem Parkplatz am Bieblach-Center im Geraer Stadtteil Bieblach/Ost. Noch immer hübsch verpackt und nicht nutzbar. Auf den Bauchbinden der Verpackung verweist der Erbauer darauf, dass die Säulen noch an den Strom angeschlossen werden müssen. Die Lieferung von 100 Prozent Öko-Strom wird versprochen. Ein Trafohäuschen ist neben den Säulen mit acht Schnellladeplätzen bereits errichtet.
Investor ist der Energieriese EnBW in Baden-Württemberg, der jetzt auch Gera für sich entdeckt hat. Schon vor geraumer Zeit ist der drittgrößte Energiekonzern in Deutschland angetreten zum Wettlauf um die besten Plätze für E-Ladesäulen in Deutschland. Auch in Ostthüringen. Bevorzugt an den großen Transitstraßen wie der Autobahn 9 und in Verbindung mit Rastplätzen oder großen Gastronomieund Handelseinrichtungen. Der Kaufland-Parkplatz in Bieblach/ Ost liegt nicht weit entfernt vom Anschluss Gera der Autobahn 4.
Regionalen Erbauern und Betreiber von öffentlichen Elektro-Ladestation stand die Fläche am Kaufland damit auf privater Fläche nicht zur Verfügung. „Wir bauen je nach Bedarf und nach der Verfügbarkeit von Flächen für uns“, heißt es auf Nachfrage von der Energieversorgung Gera GmbH (EGG). Verfügbare Fläche zu bekommen, sei zuweilen schwierig. Ein Konzept, das den flächendeckenden Ausbau des Ladenetzes für E-Autos in Gera strategisch plant, gibt es deshalb weder im Rathaus noch bei der Energieversorgung.
Aber immerhin: Mit 35 öffentlichen Ladepunkten verschiedener Anbieter kann Gera für Elektromobilisten inzwischen aufwarten. Die EGG ist vor Jahren schon Vorreiter für elektrisches Laden mittels Solarstrom gewesen. Seit dem Jahr 2017 investiert das in der Stadt ansässige Energieunternehmen stetig in den Ausbau des Ladenetzes in Zusammenarbeit mit dem städtischen Tiefbauund Verkehrsamt. Damit soll der auch in Gera steigende Bedarf an einem öffentlichen Ladenetz gedeckt werden. Waren im Jahr 2019 in der Stadt lediglich 36 reine Elektroautos und 116 Hybrid-Fahrzeuge angemeldet, so sind es mit Stand 15. Juni inzwischen 554 reine Elektrofahrzeuge und 1623 Hybrid-Autos.
„Die Standortwahl erfolgt jedoch vordergründig danach, ob tatsächlicher Bedarf durch Dritte angemeldet wird“, heißt es aus dem Rathaus. Demnächst sollen Elektromobilisten im Gewerbegebiet Braustraße während ihrer Einkäufe die Autobatterien aufladen können. Die Investition sei nach Absprachen mit dem Elektrofachmarkt Euronics in Vorbereitung, heißt es von der EGG.
Prinzipiell stehe der Markt zur Stromversorgung für Elektroautos jedem Anbieter offen, erläutert die Stadtverwaltung. Der ortsansässige Versorger habe „keine exklusiven Konzessionsrechte“. Investitionen auf Privatflächen wie auf dem Kaufland-Parkplatz in Bieblach/Ost müssten mit der Stadt nicht im Vorfeld abgesprochen werden. Anfragen Dritter zur Schaffung von weiteren Ladepunkten auf öffentlichen Flächen seien im Dezernat für Stadtentwicklung, Bau und Umwelt gegenwärtig nicht bekannt.
Über die öffentlichen Ladepunkte in der Region Gera gibt eine Karte im Internet unter Auskunft. Doch seien darauf nicht alle vorhandenen Ladesäulen verzeichnet, etwa jene auf den Parkplätzen des Discounters Lidl, „vermutlich weil die Ladesäulen nur Kunden während des Einkaufs zur Verfügung stehen“, sagt die Stadtverwaltung.