Thüringische Landeszeitung (Gera)
Gas-Notfallplan: Jetzt droht der Alarmzustand
Gazprom hat Lieferungen reduziert – die Situation spitzt sich zu
Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist der Fall klar: Die reduzierten Gasmengen aus Russland seien ein „ökonomischer Angriff“auf Deutschland, sagte Habeck am Dienstag beim Tag der Industrie. Die Speicher hierzulande sind nicht einmal zu 60 Prozent gefüllt, zugleich strömt seit einigen Tagen nur noch 40 Prozent der üblichen Gasmenge durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Schafft Deutschland es nicht, seine Speicher bis zum Winter vollständig zu füllen, drohen Produktionsausfälle, sollte Russlands Machthaber Wladimir Putin den Gashahn vollständig zudrehen.
Für das Wirtschaftsministerium scheint das Grund genug zu sein, sich auf die nächste Stufe des Notfallplans für die Gasversorgung vorzubereiten. Wie die Zeitung „Welt“berichtet, stimmte Habecks Staatssekretär Patrick Graichen in einer internen Gremiensitzung 55 Vertreter aus der Energie- und Wasserwirtschaft auf das Ausrufen der Alarmstufe in den kommenden Tagen ein.
Auf Anfrage unserer Redaktion wollte das Bundeswirtschaftsministerium die Aussage weder dementieren noch bestätigen. Man müsse täglich die Situation bewerten und neu entscheiden, hieß es aus Habecks Haus. Auch die Bundesnetzagentur konnte die Pläne auf Anfrage nicht bestätigen.
Der Notfallplan Gas umfasst drei Stufen. Im März setzte die Bundesregierung die erste Stufe, die Frühwarnstufe, in Kraft, die bis heute gilt. Seitdem müssen die Gasversorger die Lage regelmäßig bei der Bundesregierung einschätzen.
Würde die Alarmstufe ausgerufen werden, greift der Staat noch nicht ein – für Gaskunden dürfte es aber deutlich teurer werden. Denn die Unternehmen könnten in dieser Phase die Gaspreise „gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau“anpassen, wie es im Energiesicherungsgesetz heißt. Kaufen die Versorger also russisches Gas zu den deutlich gestiegenen Preisen nach, würden diese Mehrkosten umgelegt werden können.
In der dritten und letzten Stufe des Notfallplans Gas würde der Staat aktiv in den Markt eingreifen. In dieser sogenannten „Notfallstufe“würde die Bundesnetzagentur entscheiden, wer noch Gas erhält.