Thüringische Landeszeitung (Gera)

Thomas Thieme geht in die Oper

Er inszeniert Glucks „Telemaco“im Theater Erfurt, das eine „Griechisch­e Spielzeit“versucht

- Michael Helbing

Erfurt. So geht’s also auch! Der Weimarer Schauspiel­er Thomas Thieme, 73 inzwischen, soll den Erfurter Intendante­n Guy Montavon eines Tages angerufen und ihm erklärt haben, es würde doch nun so langsam mal Zeit für seine erste Opernregie: „Ich erwarte deine Vorschläge!“

Montavon ließ sich bezirzen und überträgt Thieme, sich nächsten April auf die Insel der Zauberin Circe zu begeben: in Christoph Willibald Glucks „Telemaco“, einer Geschichte über Odysseus’ Sohn.

Das passt gut in eine „Griechisch­e Spielzeit“, die das Theater Erfurt für 2022/23 vorbereite­t hat. Sie gründet in Richard Strauss’ „Elektra“, mit der Alexander Prior als neuer Generalmus­ikdirektor startet. Er leitet insgesamt, unter anderem, drei Opern, fünf Sinfonieko­nzerte.

Und auf die „Elektra“, in der übrigens Cheryl Studer als Klytämnest­ra gastiert, folgt umgehend die Parodie zur griechisch­em Mythologie:

Offenbachs „Die schöne Helena“.

Das war’s dann auch schon mit der Neuinszeni­erung erwartbar zugkräftig­er Titel aus dem gängigen Repertoire. Der Rest der Saison gilt Ausgrabung­en, Neu- und Wiederentd­eckungen, einer Uraufführu­ng.

Das ist kein Spielplan von der Stange. Man geht sehr ins Risiko, ausgerechn­et in einer Zeit, in der es erstmal der Auftrag ist, „die Leute wieder ins Theater zu bringen“, wie Montavon angesichts von deren Pandemie- und Geldsorgen selbst sagt. Der Intendant spricht auf Nachfrage von einer Gratwander­ung, vom Vertrauen in die Kraft der angesetzte­n Werke und in deren Umsetzung, kalkuliert aber mögliche „Auslastung­sprobleme“ein.

So endet die nächste Spielzeit mit Felix Weingartne­rs „Orestes“, acht Jahre älter als Strauss’ „Elektra“, die hier nebst Vor- und Nachgeschi­chte erneut auftritt. Beide Werke bilden so die dramaturgi­sche Klammer.

Aufstand mit Rossini, Bürgerkrie­g mit Nestor Taylor

Darin gefasst, zum Beispiel: Rossinis französisc­he Oper „Die Belagerung von Korinth“, vom Griechisch­en Aufstand der 1820er inspiriert. Regisseur Markus Dietz will mit Bürgerstat­isten und somit mit 100 Menschen auf der Bühne von Krieg und Verstricku­ng erzählen.

Dem Griechisch­en Bürgerkrie­g ab 1946 widmet sich die Uraufführu­ng „Eleni“von Nestor Taylor, Sohn einer griechisch­en Familie in Australien. Das dirigiert auch ein

Grieche: Erfurts Ex-GMD Myron Michailidi­s, jetzt noch wenige Wochen als „Chefdirige­nt“am Haus. Richard Rodgers’ Musical „The

Boys from Syracus“nach Shakespear­es „Komödie der Irrungen“spielt auf griechisch­em Boden, Jorge Pérez Martinez’ Choreograf­ie

„Zorbas“nach Mikis Theodoraki­s derweil mit griechisch­en Klischees, zusammen mit Eisenachs Ballett.

Dem „Nachdenken über Musiktheat­er als Kunstform und Institutio­n“widmet sich die „Studio.Box“unterm Dach, so Markus Weckesser, der sie mit Mila van Daag leitet. Derweil sich beide von der Frage leiten lassen: „Wie kriegt man diese tolle Gattung unter die Leute?“

Sie programmie­ren etwa John Cages „Europera 5“, die soeben in Weimar lief, Christian Josts „Dichterlie­be“nach Schumann und Heine sowie Mark Simpsons Kammeroper

„Pleasure“, die vor Toiletten eines Schwulencl­ubs siedelt. Auch multidiszi­plinäre Performanc­es gehören hier zum dichten und dicken Plan.

 ?? MICHAEL REICHEL / DPA ?? Erfurts Intendant Guy Montavon blickt durchs Programmhe­ft „Erkenne dich selbst“für die Griechisch­e Spielzeit 2022/23.
MICHAEL REICHEL / DPA Erfurts Intendant Guy Montavon blickt durchs Programmhe­ft „Erkenne dich selbst“für die Griechisch­e Spielzeit 2022/23.
 ?? MAIK SCHUCK ?? Thomas Thieme debütiert 2023 als Opernregis­seur.
MAIK SCHUCK Thomas Thieme debütiert 2023 als Opernregis­seur.

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