Thüringische Landeszeitung (Gera)
Aus jeder Ecke ein anderer Sound
Viele Besucher pilgern zur Fête de la Musique, die nach zwei Corona-Varianten wieder in gewohnter Form stattfindet
Zarte Harfenklänge vorm Rutheneum, das inzwischen vertraute Glockenspiel vom Rathausturm, hypnotischer Gitarrenrock auf der einen Seite des KuK, Dixieland-Jazz auf der anderen, Chormusik auf der Treppe zur Salvatorkirche und Klassik im Innern – und das sind nur wenige Beispiele für die klangliche Vielfalt, die Geras Innenstadt am Dienstag wieder in einen musikalischen Schmelztiegel verwandelte. Aus jeder Ecke ein anderer Sound, das ist ein Markenzeichen der Fête de la Musique, wie sie 2014 in Gera etabliert wurde. Nach zwei CoronaVarianten kehrte das Festival 2022 ins Zentrum zurück – mit Erfolg, wie die vielen Besucher zeigten, die trotz des ungewohnten Veranstaltungstages die Straßen und Plätze belebten. Denn das kostenlose und weltweite Straßenmusikfestival findet immer am 21. Juni statt, egal auf welchen Wochentag der fällt.
Internationale Künstler und viele Musiker aus der Region
Mittlerweile etabliert hat sich auch das Eröffnungskonzert am Vorabend. In diesem Jahr bestritten es Nachwuchsmusiker des Projektes „Musik statt Straße“aus der Geraer Partnerstadt Sliven (Bulgarien) die in einer vollen Johanniskirche auftraten, wie Lothar Hoffmann sagte. Der Initiator des Geraer Fête-Ablegers vom Verein Musik für Gera freute sich, dass dabei auch über 1100 Euro Spenden gesammelt werden konnten, mit denen das musikalische Hilfsprojekt unterstützt wird. Die jungen Musiker beteiligten sich auch zur eigentlichen Fête, trugen so neben vielen regionalen Musikern zur Internationalität bei. Ebenso wie Rockmusikerin Seraina Telli, die aus dem schweizerischen Luzern nach Gera kam, oder Anika Iris aus der Slowakei.
Kurzfristig und unter besonderen Vorzeichen war ein Gastspiel zustande gekommen, von dem man noch mehr hören wird. Das Kyiv Symphony Orchestra aus de ukrainischen Hauptstadt machte nicht nur kurzen Zwischenstopp zur Fête in Gera, sondern wird mit seinen rund 80 Musikern und insgesamt etwa 140 Personen für längere Zeit in der Stadt bleiben und von hier aus seine geplante Tournee bestreiten. Neben Wohnungen sollen die Ukrainer in Gera auch Möglichkeiten zum Proben finden, erklärte Geras OB Julian Vonarb (parteilos), hier werde wohl die Tonhalle ein Rolle spielen. Vonarb dankte bei der FêteEröffnung insbesondere dem Verein Musik für Gera für das „sensationelle Format“. Ein Dank, den die Vorsitzende Beate Richter an alle Spender und Sponsoren sowie an die Musiker weitergab, die für die Fête alle auf Gage verzichten, maximal den Hut herumgehen lassen.
„Natürlich juckt es einen, wenn man die Musiker sieht“, sagte Besucher Bernd aus Weida, der nicht nur lange im Weidaer Gospelchor sang sondern auch Saxophon spielt, mit 80 Jahren aber nun lieber als Zuhörer die Musik genießt. Wie Dagmar aus Liebschwitz hat er bislang jede Fête de la Musique in Gera besucht.
Erstmals bei der Fête zu Besuch war Katja mit Tochter Mila. Die Achtjährige lernt seit zwei Monaten Klavier und hatte von ihrer Lehrerin den Tipp bekommen, das Musikfest zu besuchen, auf dem sie vielleicht später selbst einmal auftritt. Besucherin Julia lebt mit ihrer Familie seit zwei Jahren in Gera, kannte also die ursprüngliche Geraer Fête noch nicht. „Wir schauen uns um, solange die Kinder aushalten“, sagte sie, die zwar nicht gezielt wegen bestimmten Musikern ins Zentrum kam, aber gezielt wegen der Fête.
Das Festival geht am Sonntag, 26. Juni, gewissermaßen in die Verlängerung: Um 17 Uhr sind dann noch einmal fast alle Beteiligten in der Salvatorkirche zu hören, die hier schon am Dienstag innerhalb der Aktion „Heinrich trifft Heinrich“aufgetreten sind. Der Eintritt zum Konzert ist frei.