Thüringische Landeszeitung (Gera)

Scholz fordert „Marshall-Plan“für die Ukraine

Vor dem Gipfelmara­thon mit den westlichen Partnern schwört der Kanzler das Land auf eine „über Jahre“nötige Hilfe ein

- Julia Emmrich Drei internatio­nale Gipfel in acht Tagen

Bundeskanz­ler Olaf Scholz rechnet nicht mit einem baldigen Ende des Ukraine-Krieges: „Die Wahrheit ist doch, wir sind von Verhandlun­gen zwischen der Ukraine und Russland weit entfernt“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Bundestag. „Wir brauchen einen langen Atem.“Militärisc­h – aber auch mit Blick auf den Wiederaufb­au der Ukraine.

„Über Jahre hinweg“würden viele Milliarden Euro nötig sein, um das enorme Ausmaß der Zerstörung zu bekämpfen. Sein Verspreche­n: „Wir werden die Ukraine auch weiterhin massiv unterstütz­en – finanziell, wirtschaft­lich, humanitär, politisch und nicht zuletzt mit der Lieferung von Waffen.“Bei seinem Besuch in der Ukraine vergangene Woche habe ihn vieles an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert. „Und wie damals das kriegszers­törte Europa braucht heute auch die Ukraine einen Marshall-Plan für den Wiederaufb­au.“Bundeskanz­ler Scholz betonte in seiner gut 20-minütigen Regierungs­erklärung vor den drei internatio­nalen Gipfeltref­fen in den kommenden Tagen ausdrückli­ch die militärisc­he Verantwort­ung Deutschlan­ds: „Sie können sich auf uns verlassen“, sagte Scholz an die Adresse der westlichen Partner. Vor dem Hintergrun­d des Streits zwischen Russland und dem Nato-Partner Litauen wegen der Ostsee-Exklave Kaliningra­d erneuerte Scholz seine Zusage: „Wir werden jeden Quadratmet­er des Bündnisgeb­iets verteidige­n.“

Vor Scholz liegen drei Gipfel innerhalb von acht Tagen – erst mit den EU-Regierungs­chefs, dann als Gastgeber der G7-Industries­taaten auf Schloss Elmau und schließlic­h mit den Nato-Partnern. Der Marathon startet an diesem Donnerstag in Brüssel, wird dann ab Sonntag fortgesetz­t in den bayerische­n Alpen und endet Mitte kommender Woche in Madrid. Die Ukraine und die Folgen des russischen Angriffskr­ieges werden im Mittelpunk­t der drei Gipfel stehen. Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bereits angekündig­t, ebenfalls bei allen drei Gipfeln dabei zu sein, aber nur per Videoschal­te. Scholz erinnerte im Bundestag an seine jüngste Reise zu

Selenskyj, an den Schrecken und die Zerstörung, die er in der Ukraine gesehen habe. Er habe die Bilder aus Irpin noch im Kopf: „Ich werde sie nicht vergessen.“

In Brüssel wollen die Staats- und Regierungs­chefs der EU unter anderem die Anerkennun­g der Ukraine und ihres Nachbarlan­des Moldau als offizielle EU-Beitrittsk­andidaten besiegeln. Beim G7-Treffen geht es zentral um die Sanktionen gegen Russland und langfristi­ge Hilfen für die Ukraine. Scholz wird sich als deutscher Gastgeber gleich zu Beginn mit dem amerikanis­chen Präsidente­n Joe Biden in kleiner Runde treffen. Sorge bereitet aktuell die Sicherheit: In der Nacht zum Mittwoch

wurden mehrere Polizeiaut­os in München angezündet. Ermittlerk­reise sprechen von einem Brandansch­lag. Man gehe ganz klar von einem politische­n Motiv aus und von einem Zusammenha­ng mit dem Gipfeltref­fen, hieß es.

Beim Nato-Gipfel in Madrid schließlic­h steht vor allem die Frage der Geschlosse­nheit des westlichen Bündnisses im Mittelpunk­t: Bislang weigert sich die Türkei, einem Start von Nato-Beitrittsg­esprächen mit Finnland und Schweden zuzustimme­n. Scholz warb am Mittwoch in seiner Rede für eine Einigung: „Schweden und Finnland sind ein Sicherheit­sgewinn für alle Nato-Mitglieder und für ganz Europa.“

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MICHAEL KAPPELER / DPA Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag.

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