Thüringische Landeszeitung (Gera)
Mordverdacht gegen zwei Kinder
15-Jährige in Niedersachsen tot aufgefunden – Ermittlungen gegen 13- und 14-Jährigen
Polizisten fanden die Leiche in einem kleinen Wäldchen am Rand einer Hochhaussiedlung. Eine 15-jährige Schülerin aus Ostniedersachsen ist tot, sie wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Am Mittwoch nahm die Polizei zwei Tatverdächtige fest. Erschreckend: Die beiden mutmaßlichen Mörder des Mädchens sind selbst fast noch Kinder – im Zentrum der Ermittlungen stehen ein 13- und ein 14-jähriger Junge.
Die Jugendlichen – beides Deutsche – gelten als dringend tatverdächtig. „Wir gehen von einem Tötungsdelikt aus“, sagt Christian Wolters, Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Die Behörde hat für den 14-Jährigen einen Haftbefehl wegen Mordes beantragt. Der 13-Jährige ist strafunmündig, eine Inhaftierung wegen seines Alters also nicht möglich. Das Jugendamt sei über den Tatverdacht informiert worden, so Wolters.
Warum das Mädchen sterben musste, wissen bislang wohl nur die Täter. Das Motiv liege nach derzeitigen Erkenntnissen im persönlichen Bereich. Die drei Jugendlichen kannten sich – sie gingen auf dieselbe Schule. Es zeichne sich ab, dass es sich um einen Mord aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben könnte, so Wolters. Hinweise auf eine Sexualstraftat gebe es indes nicht.
Noch sind viele Aspekte dieses erschütternden Falls ungeklärt. Angehörige hatten das rothaarige Mädchen aus der Industriestadt Salzgitter am Sonntagabend als vermisst gemeldet. Im Internet kursiert seit Montag ein privater Zeugenaufruf samt Foto, Tausende Menschen teilten den Beitrag in den sozialen Netzwerken. Zunächst hielt die Polizei viele Theorien für denkbar: Dass die Schülerin von zu Hause ausgerissen sein könnte. Oder dass sie einen Unfall hatte und hilflos in irgendeinem Graben liege.
Doch die Hoffnung, sie lebend zu finden, zerschlug sich am Dienstag. Da entdeckten Beamte bei ihrer akribischen Suche den toten Körper einer jungen Frau – es war die vermisste Schülerin. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mord bereits am Sonntag begangen wurde.
Weitere Informationen zur Todesursache erhoffen sich die Ermittler von der Obduktion, deren Ergebnisse
Staatsanwalt
für Donnerstag erwartet werden. Am abgesperrten Fundort der Leiche wurde die Spurensuche am Mittwoch fortgesetzt. Es gehe darum, den Tathergang schnell und möglichst genau zu rekonstruieren, berichtet ein Polizeisprecher.
Dass Minderjährige zu Mördern werden, kommt statistisch selten vor. Der aktuelle Fall erinnert an den Tod einer 14-Jährigen aus Sachsen-Anhalt im November 2021. Auch diese Jugendliche war zunächst vermisst gemeldet worden. Sie hatte sich mit ihrem Ex-Freund treffen wollen, um nach der Trennung persönliche Gegenstände abzugeben. Eine knappe Woche danach war schließlich die Leiche des Mädchens in einem Garagenkomplex in Aschersleben gefunden worden. Wenig später erließ das Amtsgericht Magdeburg Haftbefehl gegen den 14-jährigen Ex-Freund wegen des dringenden Tatverdachts des Totschlags. Seit Mai steht der Junge vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklageschrift davon aus, dass die Tötung aus niedrigen Beweggründen grausam erfolgt ist. Falls der Junge wegen Mordes verurteilt wird, droht ihm eine Haft von bis zu zehn Jahren. Zum Vergleich: Ein erwachsener Straftäter muss bei einer Verurteilung wegen Mordes mit lebenslanger Freiheitsstrafe rechnen.
Noch größeres Aufsehen erregte im Dezember 2017 der Mord an einer 15-Jährigen im pfälzischen Kandel – das Mädchen wurde von ihrem gleichaltrigen Ex-Freund erstochen, einem Flüchtling aus Afghanistan. Solche Fälle seien jedoch selten, heißt es von der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen: „Tödlich endende Beziehungstaten sind eher ein Erwachsenenthema.“Denn bei denen stehe viel auf dem Spiel, gemeinsame Kinder etwa oder viel Geld. Töten Jugendliche andere Jugendliche, geschehe das hingegen vielfach ungeplant, wenn ein Streit aus dem Ruder laufe.
Das Motiv für die Tat liegt nach derzeitigen Erkenntnissen im persönlichen Bereich. Christian Wolters,