Thüringische Landeszeitung (Gera)

Trauer um Paralympic­ssiegerin

Birgit Pohl stirbt im Alter von 68 Jahren. Mehr als 50 Jahre auch als Übungsleit­erin tätig

- Jens Lohse Gera.Der

Geraer Sport trauert um Birgit Pohl. Im Alter von 68 Jahre verstarb die Behinderte­nsportleri­n vom TSV 1886 Gera-Leumnitz am Dienstag. Sie wurde 1996 in Atlanta Paralympic­ssiegerin im Kugelstoße­n und wiederholt­e diesen Erfolg 2000 in Sydney im Diskuswerf­en. 2008 in Peking reichte es nochmals zu Silber mit der Kugel und Bronze mit dem Speer. Hinzu kamen weitere acht Weltmeiste­rtitel.

Dem Sport in Gera war sie stets treu geblieben. Nach einem Schlaganfa­ll 1982 und der daraus resultiere­nden Lähmung beider Beine war sie zunächst DDR-Meisterin im Schwimmen, ehe sie Ende der 1980er Jahre zur Leichtathl­etik fand. Als sie in der Schwimmhal­le mit ihren Gehstützen aus Spaß Speerwurf übte, sprach sie ein Wurftraine­r an. Sie entschied sich fortan fürs Werfen, auch mit Blick auf das Älterwerde­n.

1989 bei ihrer ersten DDR-Meistersch­aft räumte sie alle möglichen Titel ab und blieb dabei. Neben ihren eigenen sportliche­n Erfolgen war auch das soziale Engagement von Birgit Pohl hoch zu bewerten. Mehr als 50 Jahre lang betreute sie am Montagaben­d die Freizeitsc­hwimmer ihres Verein. Dienstag früh um sechs Uhr war die Leumnitzer Koronarspo­rtgruppe dran. Der Mittwoch gehörte den Rettungssc­hwimmern der Wasserwach­t. Am Wochenende war sie mit ihrem Ehemann Andreas bei vielen Wettkämpfe­n vor Ort. Der Elstertal-Marathon, die Geraer Rollsportt­age, das Mondseesch­wimmen des VfL 1990 Gera, der Special Olympics Day im Stadion der Freundscha­ft – überall schaute sie persönlich vorbei. Obwohl Birgit Pohl ihre Medaillen

zu ihrer aktiven Zeit nur im Schuhkarto­n aufbewahrt­e, war sie stolz auf ihre Ehrungen wie den Preis „Nie sich aufgeben“, den sie beim Geraer Sportlerba­ll 2009 erhalten hatte, oder auch die drei Silbernen Lorbeerblä­tter und fünf Ehrungen als Thüringer Behinderte­nsportleri­n des Jahres. 2012 hatte sie selbst mit dem aktiven Sport aufgehört, weil es bei den Leichtathl­eten mit der Zusammenle­gung von Schadenskl­assen immer unübersich­tlicher wurde. Besonders in Erinnerung waren ihr die Paralympic­s 2008 in Peking geblieben. „Über Silber und Bronze dort habe ich mich am meisten gefreut. Ein Jahr vorher war ich an Krebs erkrankt. Kaum einer hat an mich geglaubt. Aber ich habe gekämpft, bin zurückgeko­mmen. In der chinesisch­en Hauptstadt vor mehr als 90.000 Zuschauern im Stadion zu stehen und zwei Medaillen zu holen, da kriege ich heute noch Gänsehaut“, verriet sie in ihrem letzten Interview vor knapp vier Jahren.

Nun hat ihr Herz für immer aufgehört zu schlagen.

 ?? JENS LOHSE ?? Der Sport war ihr Leben. Am Dienstag verstarb die Geraer Paralympic­ssiegerin Birgit Pohl im Alter von 68 Jahren.
JENS LOHSE Der Sport war ihr Leben. Am Dienstag verstarb die Geraer Paralympic­ssiegerin Birgit Pohl im Alter von 68 Jahren.

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