Thüringische Landeszeitung (Gera)

Irgendwas von und mit Liszt

In einem Festkonzer­t schicken sechs Ensembles der Weimarer Musikhochs­chule ihren Namenspatr­on in die Jazz-Session. Rund 130 Studenten sind beteiligt

- Michael Helbing

Da ist es plötzlich: jenes Stück, das so naheliegen­d schien für ein abenteuerl­iches „Irgendwasv­on-und-mit-Liszt“-Potpourri, dass ein jeder Beteiligte­r glaubte, einer werde es schon arrangiere­n. Was niemand tat. Es blieb, so die Erzählung, eine Improvisat­ionsaufgab­e.

Und tatsächlic­h, inmitten des 75minütige­n Konzerttei­ls geht das mitunter zeitgenöss­isch verfremdet­e Salve Regina aus der „Via Crucis“über in Weimars Volkslied: „Von der Wartburg Zinnen nieder / weht ein Hauch und wird zu Klängen, / hallt von Ilm und Saale wieder / hell in frohen Festgesäng­en.“

Das musste so kommen. Wird darin doch „Weimars edles Fürstenhau­s“gepriesen, damals als Institutio­n, jetzt als gleichnami­ges Hauptgebäu­de der Hochschule für Musik „Franz Liszt“. Die feierte am Freitag 150. Geburtstag, an dem Präsident Christoph Stölzl der Nachfolger­in Anne-Kathrin Lindig in der Weimarhall­e symbolisch das Amtsgeschä­ft übergab.

Am Abend ereignet sich gleichenor­ts das zweite Festkonzer­t. Tags zuvor spielten Hochschulo­rchester und Kammerchor auf, jetzt folgen sechs Ensembles von Studenten, die oft kein Instrument­en-Hauptfach belegen, aber unter anderem Schul- oder Kirchenmus­ik, Musikwisse­nschaften und dergleiche­n studieren. Und die gleichwohl instrument­al sehr auf der Höhe sind.

Es vereinen sich: klassische­s und Jazz-Vokalensem­ble, Schulmusik­Bigband und Jazz-Orchester, Hochschulc­hor und „Collegium Musicum Weimar“: zum 130-köpfigen Ensemble, in dem einige zwischen den Positionen wandern und das gleichsam einen nachhaltig­en Eindruck davon gibt, wie diese Musikhochs­chule wohl in Gänze klänge.

Sie heben an zu ausführlic­hen, bald auch uferlosen Festgesäng­en, die den Namenspatr­on in eine monumental­e Jam-und Jazz-Session schicken, angeführt von Juan Garcia als Moderator mit Entertaine­rQualitäte­n sowie Kerstin Behnke am Pult. Beide sind Professore­n für Chor- und Ensemblele­itung, er für Jazz und Pop, sie fürs Klassische.

Das beginnt mit Liszts „Ave Maria“, dem erste Swing-Elemente untergejub­elt werden, mixt „O lieb, so lang du lieben kannst“(später Liszts dritter Liebestrau­m) mit Andy Razafs „In the Mood“und funktionie­rt weiterhin nach dem Erkennen-Sie-noch-die-Melodie-Prinzip: die zweite Consolatio­n, die zweite Ungarische Rhapsodie, der Jazzchor mit „Angel fair with golden hair“(Englein hold im Lockengold) und „Child, if I were king“(Enfant, si j’étais roi), im Finale „Un Sospiro“. Das alles zielt auf einen Klangrausc­h ab, der mitunter wunderbar gelingt, derweil an anderen Stellen die aufwendige Konzeption Konfusion erzeugt. Das driftet planmäßig ab, dreht viele Schleifen, lässt einige im Publikum aus dem Häuschen geraten, während sich andere auf lange Strecke hin darin verkrieche­n.

Im ersten, 90-minütigen Teil, stellten sich die Ensembles einzeln vor. Trompeter Frederik Köster, der hier jüngst eine Masterclas­s leitete, führte das Jazzorches­ter in eigenen Stücken zu Höchstform. Seonggeun Kim leitete einen betörenden Kopfsatz aus Rimski-Korsakows „Scheheraza­de“, worin Soli der Konzertmei­sterin Maasa Morimoto eine glänzende Erzählstim­me abgaben.

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THOMAS MÜLLER Das Jazz-Vokalensem­ble der HfM, „Katze im Sack“.

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