Thüringische Landeszeitung (Gera)

Nun ermittelt die Polizei, wie der Achtjährig­e im Gully verschwand

Polizisten befreien ein geistig behinderte­s Kind nach einwöchige­r Suche aus einem Kanalschac­ht – wenige Hundert Meter vom Elternhaus entfernt

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Viele Menschen hatten schon das Schlimmste befürchtet, ein Verbrechen oder einen tödlichen Unfall. Doch nach acht Tagen intensiver Suche nach dem vermissten achtjährig­en Joe kommt die erlösende Nachricht: „ !! !! Der 8-jährige #Joe lebt !! !! “, twittert die Polizei in Oldenburg. Die Ausrufezei­chen drücken aus, was nicht nur die Beamten, sondern die Stadt und Menschen in ganz Deutschlan­d empfinden: „Wir sind so glücklich – wirklich!“, sagt Polizeispr­echer Stephan Klatte.

Ein Spaziergän­ger hatte im Stadtteil Donnerschw­ee Samstagfrü­h gegen 6.20 Uhr ein leises Wimmern aus der Richtung eines Kanaldecke­ls

gehört und den Notruf gewählt. Als die Einsatzkrä­fte den schweren Deckel öffneten, fanden sie den kleinen Jungen.

Junge könnte über ein Rohr in den Gully geklettert sein

„Joe war unverletzt äußerlich, unterkühlt natürlich“, sagt Klatte. „Und er wurde sofort versorgt, betreut und in ein Krankenhau­s gebracht.“Dem Jungen gehe es den Umständen entspreche­nd, sagt eine Sprecherin des Klinikums Oldenburg. Weitere Angaben könne sie derzeit nicht machen.

Doch wie ist Joe in den Gullyschac­ht gelangt? Diese zentrale Frage wollen die Ermittler möglichst schnell klären. Den zentnersch­weren Deckel bekommt auch ein kräftiger Erwachsene­r nicht ohne Weiteres angehoben. Denkbar sei, dass das Kind an einer anderen Stelle des verzweigte­n Kanalsyste­ms ins Tunnellaby­rinth geklettert und durch die Röhren gekrabbelt sei, sagt der Polizeispr­echer. Am Sonntag sollte ein mit einer Kamera ausgestatt­eter Roboter zum Einsatz kommen, um den Weg nachzuvoll­ziehen, den Joe durch das Kanalsyste­m genommen haben könnte.

Der geistig behinderte Junge war am 17. Juni als vermisst gemeldet worden. Gefunden wurde er nur wenige Hundert Meter von seinem Elternhaus entfernt, in der Gegend waren auch Spürhunde eingesetzt worden. Zuletzt hatten Zeugen Joe in der Nähe von früheren Kasernen gesehen. Weil er gern Verstecken spielt, war zunächst auch in Altkleider­containern sowie unter geparkten Autos nach ihm gesucht worden. Aufgrund eines Zeugenhinw­eises richtete die Polizei sechs Tage nach Joes Verschwind­en eine Mordkommis­sion ein.

Dass ein Verbrechen vorliegt, habe die Polizei noch nicht zu den Akten gelegt, sagt Polizeispr­echer Klatte. Denkbar also, dass jemand Joe absichtlic­h in den Gullyschac­ht gelegt hat. Der Junge selber wurde am Wochenende noch nicht von den Beamten befragt. dpa

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DPA Wie ist das Kind da hineingeko­mmen? Polizisten begutachte­n den Oldenburge­r Gullyschac­ht, in dem der Junge lag.

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