Thüringische Landeszeitung (Gera)
Was wirklich gegen Mücken hilft
Die blutsaugenden Insekten haben Hochsaison. Wie die Wissenschaft beliebte Abwehrstrategien bewertet
Für viele Menschen sind sie Plagegeister – und sie haben Hochsaison: Mücken. Dabei haben die männlichen Tiere zu Unrecht einen schlechten Ruf. Denn nur die Weibchen stechen, brauchen Proteine und Eisen für die Aufzucht des Nachwuchses. Zahlreiche Hausmittel und Tricks sollen helfen, Stechmücken vom Menschen fernzuhalten. Doch was ist Mythos – und was hilft wirklich?
Licht zieht Mücken an
Beim Lüften alle Lichter ausmachen, dann kommen die Mücken nicht rein? Falsch. Auch wenn Motten und andere Insekten um Lichtquellen herumschwirren, sie interessieren Mücken nicht.
Wenn es um effektiven Mückenschutz geht, sollten Sie den Raum gar nicht lüften oder die Fenster mit Netzen schützen. Denn Mücken orientieren sich hauptsächlich an Gerüchen. Schweiß zum Beispiel ist für die Insekten interessant. Durch Bakterien auf der Haut zersetzt kreiert er besondere Gerüche – Ammoniak, Milch- und Fettsäuren. Auch starke Parfümnoten auf der Haut sind nachweislich interessant für die Insekten. Deshalb kann es durchaus sinnvoll sein, nach einem heißen Sommertag mit einem parfümfreien Duschgel zu duschen, um Körper- oder Parfümgerüche zu reduzieren.
Mückenmagnete sind auch Kohlendioxid und Körperwärme. Um ihre Mahlzeiten zu finden, testen die Mücken den Kohlendioxidgehalt der Luft und folgen der höchsten Konzentration. Dies führt die Mücken auch bei völliger Dunkelheit zu schlafenden Menschen oder Tieren. Da Kohlendioxid durch Mund und Nase ausgeatmet wird, schwirren sie bevorzugt um den Kopf herum.
Mücken lieben süßes Blut
Du hast halt süßes Blut, heißt es im Volksmund, wenn Menschen vermeintlich oft gestochen werden. Aber: Süßes Blut gibt es nicht. Und auch der Blutzuckerwert von Menschen ist für Mücken irrelevant. Allerdings: Die Zusammensetzung des Blutes verändert den Körpergeruch. Und auch die Gene könnten für den Geruch eine Rolle spielen.
Wissenschaftlich ist nicht abschließend geklärt, was genau die Attraktivität ausmacht. Wofür es aber Hinweise gibt: Mücken bevorzugen einer japanischen Studie zufolge etwas lieber Menschen mit der Blutgruppe Null. Grundlage für die Erkenntnisse waren Anflugversuche.
Biologen an der Universität Regensburg haben darüber hinaus bewiesen, dass die Haut von Menschen für Mückenweibchen attraktiver ist, wenn diese zuvor Alkohol getrunken haben. Allerdings konnten die Forscher nicht nachweisen, welche Stoffe genau dafür verantwortlich sind.
Öle und Duftkerzen schrecken ab
Citronella-Kerzen und -Duftstäbe – es gibt viele solcher Anti-MückenProdukte. Erfolgsaussichten werden immer wieder auch anderen ätherischen Ölen oder Pflanzen zugewiesen: Lavendel, Katzenminze, Basilikum, Tomaten oder Geranien. Bei einem Test diverser Mittel durch die Stiftung Warentest bekamen allerdings alle natürlichen Stoffe den Zusatz „nicht empfehlenswert“.
Effektiver waren lange, helle Kleidung und Insektenschutzmittel zum Einreiben oder Sprühen mit den synthetischen Wirkstoffen Diethyltoluamid (DEET) und Icaridin.
Doch vor allem DEET ist umstritten. Denn der Wirkstoff steht im Verdacht, Hautreizungen auszulösen oder sogar das Nervensystem zu schädigen. Deshalb sollte er nicht über einen längeren Zeitraum und in großen Mengen eingesetzt werden. Außerdem sollten Schwangere, Mütter in Stillzeit sowie Kinder unter drei Jahren DEET lieber nicht anwenden, so die Stiftung Warentest.
Ultraschall vertreibt Mücken
Töne im Ultraschall- oder Hochfrequenzbereich sollen Mücken vertreiben, weil sie den Flügelschlag paarungswilliger männlicher Mücken oder deren Fressfeinde, Libellen, imitieren. Aber: Verschiedene Untersuchungen haben ergeben, dass Hochfrequenz- und Ultraschallgeräte nichts bringen. Die Stiftung Warentest hat sowohl eine sogenannte Anti-Mücken-App als auch Stecker getestet. Das Ergebnis: Beide waren unwirksam. Wirksamer sind Stecker mit Insektiziden. Per Strom wird das Insektizid erhitzt, das in die Luft verdunstet und die Mücken tötet. Doch die Insektizide sind gefährlich, so das Umweltbundesamt. „Sie können nicht uneingeschränkt empfohlen werden. Von einem Dauereinsatz oder dem Gebrauch in schlecht belüfteten Räumen ist abzuraten.“
Spucke hilft gegen das Jucken
Die Mücke hat zugestochen. Beim
Stich gelangt ein Eiweiß unter die Haut, das die Blutgerinnung hemmt. Der Körper reagiert darauf. Dabei wird Histamin ausgeschüttet, das als Vermittler diverser Immunreaktionen fungiert, und lässt den Stich durch eine Reizung von Nervenenden jucken. Der Rat, den Stich mit Speichel zu kühlen, kommt schnell. Grundsätzlich kann das Kühlen den Juckreiz für kurze Zeit lindern. Wenn man also keinen Kühlakku oder Ähnliches zur Hand hat, kann man mit verdunstendem Speichel ein wenig Linderung verschaffen.
Besser als Kälte ist aber Wärme. Ein vorsichtig erhitzter Teelöffel kann helfen. Einfacher zu handhaben sind elektronische Stichheiler. Sie bekämpfen das Jucken durch gezielte Wärmeabgabe und lindern so Schmerzen und Schwellungen. Lange glaubte man, dass Hitze die Eiweißmoleküle der mit dem Stich injizierten Stoffe zerstört. Mittlerweile nimmt man eher an, dass die Ausschüttung des Histamins gemindert wird. Eine im Fachmagazin „Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology“veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Wärmeanwendung tatsächlich hilft. Bei einer Kohortenstudie an deutschen Stränden und Badeseen gaben 70 Prozent der Menschen an, dass Stiche, die einoder zweimal mit Wärme behandelt wurden, weniger gejuckt haben.
Vom Gebrauch in schlecht belüfteten Räumen ist abzuraten. Umweltbundesamt