Thüringische Landeszeitung (Gera)
Grundsatzfrage zum Mandatsbehalt offen
Ein Leser schreibt unter anderem zu dem Vorhaben, eine weitere Gruppe im Landtag zu bilden:
Kern des Problemes ist aus meiner Sicht nicht die Frage, ob vier fraktionslose Abgeordnete eine Gruppe bilden dürfen, sondern zunächst sollte vielmehr die Frage geklärt werden, ob alle vier Abgeordneten zu Recht auf der Fortführung des Mandates bestehen dürfen. Bei den Herren Lars Schütze und Birger Gröning sollte darüber kein Zweifel bestehen, da sie Inhaber eines Direktmandates sind. Dr. Ute Bergner und Tosca Kniese sind jedoch als Teil einer bestätigten Parteienliste in den Landtag gekommen. Doch diese Liste, die der Wähler, im Vertrauen auf deren Verbindlichkeit und ohne Kenntnis der gelisteten Personen, gewählt hat, haben beide freiwillig verlassen. Die Rechtsverbindlichkeiten, die sich aus einer Listenwahl ergeben, und der aus meiner Sicht daraus ableitbare Mandatsverlust von Dr. Bergner, und nunmehr auch Frau Kniese, habe ich in meinem Brief an den Landtag versucht darzustellen. Schon im September 2021 schrieb ich: Mit der Partei „Bürger für Thüringen“, in Person der Frau Dr. Bergner, taucht plötzlich eine Partei im Landtag auf, die sich niemals zur Wahl gestellt hat, die nicht eine einzige gültige Wählerstimme zu ihrem Gunsten nachweisen kann, die aber einen Sitz im Parlament zugesprochen bekommt. Ansatzpunkte für eine gesetzliche Berechtigung der aktuell praktizierten Verfahrensweise habe ich in keinem der mir zugänglichen Dokumente finden können. Das Vorgehen ist Verhöhnung des Grundgedankens der parlamentarischen Demokratie.
Auf das von Steffen Dittes (Linke) erwartete Rechtsgutachten darf man gespannt sein. Vermutlich wird nur die Frage „Werden vier Ex-Fraktionäre eine Parlamentarische Gruppe?“im Gutachten eine Rolle spielen. Die Grundsatzfrage nach der wahlrechtlichen Berechtigung des Mandatsbehalts der vier Abgeordneten wird man wahrscheinlich ausblenden, da es unter dem Gesichtspunkt der Wahrung und Sicherung des Wählerwillens keine rechtlichen Regelungen gibt. Das dröhnende Schweigen des Landtages werte ich meinerseits als Beleg dafür, dass weder Landtagspräsidium noch Fraktionen sich in der Lage sehen, meine Darstellungen rechtlich zu bewerten oder gar argumentativ zu entkräften. Helmer Wenck, Weimar