Thüringische Landeszeitung (Gera)
Mit Tempo 150 der Polizei davongerast
Ein 38-Jähriger aus Tonndorf flüchtet im Drogenrausch vor zwei Kontrollen. Prozessauftakt am Amtsgericht Weimar
Er entzog sich in wahnwitzigem Tempo zwei Verkehrskontrollen, gefährdete dabei Polizisten und andere Verkehrsteilnehmer und war in diesen wie in drei anderen Fällen nicht im Besitz eines Führerscheins. Vor dem Amtsgericht Weimar muss sich seit Montag ein 38-Jähriger aus Tonndorf (Weimarer Land) wegen verbotener Autorennen sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verantworten.
Der Angeklagte soll unter anderem Gas gegeben haben, als er Ende Oktober 2020 beim Verlassen einer
Spielothek in Stadtroda (SaaleHolzland-Kreis) von der Polizei zum Anhalten aufgefordert wurde.
Die Beamten nahmen die Verfolgung auf und setzten zugleich einen Funkspruch ab, zwei Kollegen eilten zu Hilfe. Diese stellten ihren Streifenwagen quer auf die Straße, auf der sich schon der 38-Jährige näherte, warfen noch rasch einen Nagelgurt auf die Fahrbahn – und konnten sich, nachdem sie sich vorsichtig dem plötzlich gestoppten Fluchtfahrzeug genähert hatten, nur noch mit einem Sprung zur Seite vor dem wieder beschleunigten Audi A3 in Sicherheit bringen.
Der Angeklagte umkurvte Polizeifahrzeug und Straßensperre und jagte Richtung A 4 davon. Allein im Lobdeburg- und im Jagdbergtunnel, wo jeweils nur Tempo 80 erlaubt ist, kam er auf 140 bis 150 Kilometer pro Stunde, wobei er mehrere Fahrspuren benutzte.
Annähernd solche Geschwindigkeiten erreichte der 38-Jährige auch Ende Januar 2021, als er in Rautal in Jena erneut einer Streifenwagen-Besatzung davonfuhr. Dabei wäre es beinahe zur Kollision mit einem vorfahrtsberechtigten Pkw gekommen, wie eine Beamtin zum Prozessauftakt als Zeugin aussagte. In diesem wie im vorhergehenden Falle habe die Polizei schließlich aus Gründen der eigenen Sicherheit entschieden, die Verfolgung aufzugeben. Identifiziert worden war der Fahrer – für die Polizei kein Unbekannter – ohnehin beide Male.
Zum Prozessauftakt führte Verteidiger Steffen Böttcher aus, dass sein Mandant die ihm zur Last gelegten Taten weitgehend einräume, er aber nie die Absicht gehabt habe, die Beamten zu verletzen. Bei einem von Böttcher angeregten Rechtsgespräch, das auf eine bewährungsfähige Strafe für den Tatverdächtigen abzielte, kam es zu keiner Verständigung zwischen den Verfahrensbeteiligten.
Der Angeklagte beging die Taten unter Drogen- und Alkoholeinfluss und während einer dreijährigen Bewährungszeit. Nach einer Entgiftung in einer Erfurter Klinik absolvierte er in den vergangenen sieben Monaten eine Langzeittherapie, um nun clean in ein neues Arbeitsverhältnis zu starten. Die Verhandlung wird am 11. August fortgesetzt.