Thüringische Landeszeitung (Gera)
Magie und Leidenschaft: Isabel Allende wird 80
Pünktlich zu ihrem runden Geburtstag legt die aus Chile stammende Bestsellerautorin mit „Violeta“ein neues Buch vor
In ihrem erfolgreichsten Roman „Das Geisterhaus“spielen Geisterglaube und Magie eine überragende Rolle. Ganz frei davon ist Isabel Allende auch in ihrem Alltag nicht. Jedenfalls ist für sie der 8. Januar bis heute ein magischer Tag. Am 8. Januar 1981 formulierte sie die ersten Worte ihres späteren Bestsellers. Zunächst war es nicht mehr als ein Brief, in dem sie sich von ihrem sterbenden Großvater verabschiedete. Nach und nach entwickelte sich daraus eine voluminöse Familiengeschichte, die der Beginn einer einzigartigen Schriftstellerinnenkarriere werden sollte.
In Erinnerung an diesen besonderen Moment beginnt sie jeden neuen Roman stets an einem 8. Januar, wie sie einmal verriet. Auch ihr aktueller Roman „Violeta“dürfte daher an einem 8. Januar begonnen worden sein. In Deutschland ist das Buch kurz vor dem 80. Geburtstag der Schriftstellerin erschienen, den sie an diesem Dienstag feiert.
In diesem Werk wie in so vielen anderen ihrer weit mehr als 20 Bücher verarbeitet Isabel Allende Teile ihrer Familiengeschichte. In dem Fall ist es die Biografie ihrer geliebten Mutter Panchita, mit der sie bis zu deren Tod 2018 eine innigliche Korrespondenz führte. Leidenschaftliche, durchaus widersprüchwie liche Frauen, die sich in einer Machowelt behaupten müssen, sind das Kennzeichen der bekennenden Feministin Allende. Prägend für die aus einer Diplomatenfamilie stammende Chilenin, die in verschiedenen Ländern aufwuchs, war ihre Zeit als junge Redakteurin bei „Paula“, der einzigen feministischen Zeitung Chiles. Ihre ebenso streitbaren heiteren Jahre dort bezeichnete Allende einmal als die beste Zeit ihres Lebens.
Diese fruchtbare Periode endete mit dem gewaltsamen Sturz und Tod des Präsidenten Salvador Allende, eines Cousins ihres Vaters, und dem Beginn der Militärdiktatur 1973. Zwei Jahre nach dem Militärputsch ging Isabel Allende mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern ins Exil. In Venezuela entstanden ihre ersten drei Romane „Das Geisterhaus“, „Von Liebe und Schatten“sowie „Eva Luna“.
1988 heiratete Isabel Allende in zweiter Ehe den amerikanischen Romancier und Rechtsanwalt William C. Gordon und lebt seitdem in
Kalifornien. Das Zusammenleben in einer Patchworkfamilie war aber nicht immer ungetrübt. Zwei Stiefkinder starben an einer Überdosis, ihr Mann wurde depressiv. Die größte persönliche Tragödie für die Schriftstellerin war allerdings der frühzeitige Tod ihrer Tochter Paula im Jahr 1992. Sie starb an den Folgen einer Stoffwechselerkrankung. Allende hat diesen Verlust in einem berührenden Buch verarbeitet.
„Das Geisterhaus“wurde bei seinem Erscheinen als Meisterwerk des „magischen Realismus“hymnisch gefeiert und auch erfolgreich verfilmt. Später haben sich Teile des Feuilletons von der Erfolgsautorin abgewandt und ihr eine „Verpilcherisierung“
vorgeworfen. Man hielt ihr einen Hang zur Sentimentalität, ja zum Kitsch vor. Aber dieses Verdikt ist in seiner Absolutheit und Verallgemeinerung ungerecht.
Man kann davon ausgehen, dass Isabel Allende ihren 80. Geburtstag in heiterer Gelassenheit begeht, so wie sie sich in ihren jüngsten Interviews präsentierte. Mit 75 Jahren hat sie sich nach der Scheidung von Gordon noch einmal verliebt. Roger Cukras war ein Fan von ihr, der ihr E-Mails schickte. Dann wurde er ihr dritter Ehemann. Die Autorin hält ihr Alter für „ein kostbares Geschenk“. Und natürlich wird sie weiter schreiben. Der nächste 8. Januar wartet schon. dpa