Thüringische Landeszeitung (Gera)
Saudis planen größtes Gebäude der Welt
„The Line“, ein futuristisches Wolkenkratzer-Ensemble, soll neun Millionen Menschen beherbergen – und komplett digital sein
New York, Chicago, Frankfurt: Die Metropolen des Westens, die einst für wahnwitzige Wolkenkratzer standen, wirken bereits heute vergleichsweise altmodisch. Wirkliche Rekorde werden derzeit auf dem asiatischen Kontinent gebrochen. Besonders in den reichen arabischen Golfstaaten liebt man es spektakulär. Dort, wo vor wenigen Jahrzehnten noch Beduinen in Hütten hausten, steht heute etwa das derzeit höchste Gebäude der Welt, der 830 Meter hohe Burj Khalifa in Dubai.
Saudi-Arabien, der Riese der Arabischen Halbinsel, will die kleinen, ehrgeizigen Emirate nun in den Schatten stellen: Das sittenstrenge
Königreich plant nicht einfach einen neuen Turm, sondern ein neues Wohnkonzept. Es besteht aus zwei parallelen und miteinander verwobenen Wolkenkratzern. Sie sind 500 Meter hoch und jeweils 120 Kilometer lang. „The Line“soll das futuristische Ensemble heißen. Es wäre nicht das höchste, aber das größte Bauprojekt der Menschheitsgeschichte. 24 Quadratkilometer in der Wüste soll es einnehmen.
Damit wäre es fast so groß wie die Nordseeinsel Borkum. Allerdings soll das Bauensemble Platz für sagenhafte neun Millionen Einwohner bieten, so viele wie New York. The Line soll wiederum Teil der geplanten Megastadt Neom sein, die unweit des Golfs von Akaba nahe der Küste des Roten Meeres geplant ist, ein Projekt, das im Januar vorgestellt wurde. Das Presseteam von Kronprinz Mohammed bin Salman, der das Projekt verantwortet, überschlägt sich mit blumigen Beschreibungen und Superlativen. Es kündigte „eine zivilisatorische Revolution“an. Ganz zeitgeistig gibt sich der Ölstaat plötzlich als Ökoland. The Line soll komplett mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Der Prinz selbst pries die vertikale Struktur der Stadt. The Line werde „die normalen, horizontalen Städte herausfordern und ein Vorbild für die Erhaltung der Natur und bessere Lebensqualität werden“. Ziel sei es, „sich den Herausforderungen des urbanen Lebens zu stellen und neue Wege zu leben aufzuzeigen“. Jede Einrichtung soll innerhalb von fünf Minuten zu Fuß erreichbar sein. Dazu werden auch Parks, Schulen, Geschäfte und Restaurants geschichtet. Geschäfte im Erdgeschoss, über denen sich Büround Wohnetagen türmen, das ist Vergangenheit.
Die geschichteten Grünanlagen verschmelzen durch die Spiegelfassade zu einem fließenden Ganzen, so der Plan. Alles läuft vollkommen digital und „smart“ab. Wer keine Lust hat, in den Supermarkt zu gehen, lässt per Drohne liefern. ost*