Thüringische Landeszeitung (Gera)
Mit Respekt fängt alles an
Sinti und Roma? Für manche hierzulande sind die Begriffe ein Ärgernis. Da wollen uns welche zwingen, dass wir unseren Sprachgebrauch ändern, sagen sie. Es ist vor allem das Paprikaschnitzel, dem sie nachtrauern. An die Menschen denken sie eher nicht. Warum Unbekannten Respekt zollen? Wo kämen wir hin, wenn wir nicht mehr sagen dürfen, was wir wollen?!
Und dann fährt der Thüringer Ministerpräsident als Bundesratspräsident, der wiederum den Bundespräsidenten vertritt, nach Auschwitz und gedenkt der verfolgten und ermordeten Sinti und Roma. Sie wurden ins Lager gesperrt oder gleich in den Tod geschickt, weil ihre Herkunft wohl nicht ins Nazi-Weltbild passte. Manche waren Nachbarn gewesen. Auch hier in Thüringen. Ihr Leiden und Tod wurde meist verdrängt. Kaum eine Erinnerungstafel gilt ihnen.
Es geht um Menschen. Und es geht um Respekt. Wenn einer sich zu den Sinti, Roma oder anderen Gruppen zählt, dann gebietet schon die Höflichkeit, ihm keinen Namen zu geben, der als Beleidigung, als Stigma gemeint sein könnte. Mit verbaler Übergriffigkeit fängt es an.
Wer genauer hinschaut, der kann feststellen, dass eine bestimmte Art der Ausgrenzung nie ein Ende fand. Nach dem großen Morden kam das subtile Verdrängen, das auch bedeutet, dass jemand für randständig erklärt wird. Er ist und bleibt anders in den Augen eines Großteils der Mehrheitsgesellschaft. Vergiftet ist das Lob, jemand habe sich vermeintlich besonders gut angepasst. Und nun, da Romafamilien aus der Ukraine kommen, sind oft Vorurteile zäher als die tatsächlichen Herausforderungen, die es immer gibt, wenn viele Menschen auf engem Raum leben.