Thüringische Landeszeitung (Gera)
Sogar der Badeofen ist in Gera wieder gefragt
Nachgehakt: Wie Menschen in Gera für die kalte Jahreszeit bei möglichen Energieengpässen vorsorgen
Jahrelang sind Küchenherde, die mit Holz oder Kohle beheizt werden, überhaupt kein Thema gewesen. „Jetzt ist die Nachfrage wieder da“, stellt Sophia Lamka fest. Wer kann, versucht sich angesichts drohender Lieferengpässe bei Gas und Strom in der kommenden kalten Jahreszeit unabhängig zu machen von einer zentralen Energieversorgung – wenigstens ein bisschen, um halbwegs warm über den Winter zu kommen. „Die Nachfrage nach Gasöfen ist hingegen gerade bei null.“
Neben alternativer Energiegewinnung aus Sonne und Erdwärme besinnen sich viele Menschen in Gera und Ostthüringen auf Öfen, die nach der Wende wegen des aufwendigen und mit Schmutz verbundenen Heizens abgeschafft wurden. Da Kamine erst eingebaut werden müssen, sei die Nachfrage nach einzelnen Standöfen besonders groß, weiß man im Handwerksbetrieb Lamka in den Geraer Westvororten. Und das schon seit dem Jahr 2020, seitdem die zur DDR-Zeit üblichen Kachelöfen nicht mehr betrieben werden dürfen. „Sogar der Badeofen ist wieder im Kommen“, berichtet die Tochter des Begründers des kleinen Handwerksbetriebs. Zum ersten Mal habe sie einen Badeofen bestellt, aber die Lieferung lasse noch auf sich warten. Das Problem: Der Markt für Öfen und Kamine sei beinahe leer gekehrt, die Hersteller kommen wegen der großen Nachfrage nicht mehr hinterher mit der Produktion. Was jetzt bei den Großhändlern bestellt ist, sei nicht vor April nächsten Jahres, also erst nach dem kommenden Winter lieferbar. „Wir warten noch auf Lieferungen mit Bestelldatum vom September 2021.“Zudem hätten die Preise mächtig angezogen. Seit 1. August gilt eine neue Preisliste. „Damit kostet ein Standofen gleich 600 Euro mehr als noch vorige Woche“, sagt Sophia Lamka.
„Es ist gerade alles ein bisschen verrückt“, stellt auch der Obermeister der Innung Heizungs- und LuftSchornstein heizungsbau in Ostthüringen fest. Neben der Preisexplosion und den Lieferengpässen registriert Innungsmeister Lutz Kolibal aus Mohlsdorf auch vielfach fehlende technische Voraussetzungen, um schnell mal die Gasheizung durch einen Holz- oder Kohleofen zu ersetzen. „Ein Abzug muss vorhanden sein, damit der Ofen betrieben werden kann“, erklärt Kolibal. Mit Sanierungen seien Essen vielfach abgerissen worden.
Manche alte Mietshäuser in Gera haben trotz moderner Heizungen noch Schornsteine. „Beispielsweise in Debschwitz, dort dürfen die Mieter Holz- und Kohleöfen an den
anschließen“, erklärt Sophia Lamka. Aber nur drei Öfen seien nach heutigen Maßstäben an dem einen Schornstein zulässig. Knapp sind derzeit aber nicht nur die Öfen. Auch um Brennstoffe ist es schlecht bestellt. Brennholz ist rar und Steinkohle und Koks werden vom Brennstoffhandel in Gera wie zur DDR-Zeit wieder rationiert, damit jeder, der bestellt, wenigstens eine Palette oder eine Tonne Schüttgut bekommt. Im Bauhaus-Baumarkt seien derzeit weder Holznoch Kohle-Packungen zu haben, hieß es dort auf Nachfrage der Kundschaft. Öfen sind zu bestellen: Lieferzeit zwölf bis 18 Wochen. Der Raiffeisen-Baumarkt in Gera hatte vor Jahren schon Brennholz und Kohle aus dem Sortiment genommen, weil die Nachfrage damals gering war. „Wir führen nur noch Bauholz“, sagt der stellvertretende Filialleiter Felix Zaumseil. Da die Nachfrage nach Alternativen zur Energiegewinnung aber hoch sei, plane man den Aufbau einer Photovoltaik-Abteilung. Meine Meinung