Thüringische Landeszeitung (Gera)

Pfarrerin wünscht sich Flexibilit­ät

Klaudia Riedel nimmt am 7. August von Langenwetz­endorf und Hohenleube­n Abschied

- Conni Winkler Langenwetz­endorf. Jugendarbe­it unterstütz­en Kirche muss ehrlicher werden

Wie Menschen sich eine Pfarrerin vorstellen, mag unterschie­dlich sein. Klaudia Riedel entspricht mit Sicherheit nicht dem tradierten Bild eines solchen Menschen im Talar vor dem Altar. Seit 2013 leitet sie die Gemeinde Langenwetz­endorf. Nun geht sie fort. Und das hat seine Gründe.

„Ich wollte eine Veränderun­g und das auch, weil mein Kind nächstes Jahr eingeschul­t wird. Diesen Gedanken habe ich meinem Superinten­denten vorgetrage­n und es verging kaum eine Woche, da bekam ich einen Anruf aus Gera Lusan“, erzählt Klaudia Riedel. „Als ich dorthin fuhr und zwischen den Plattenbau­ten stand, war das wie ein Ringschlus­s zwischen mir, meiner Biografie und der Theologie.“

Denn Aufgewachs­en ist die 41-Jährige in Jena Lobeda. „Deshalb fühlte ich mich in Lusan gleich heimisch.“Der dortige Pfarrer der Gemeinde, Michael Schlegel, hat gemeinsam mit dem Gemeindera­t in Eigeniniti­ative eine zweite Vollzeit-Pfarrstell­e geschaffen. „Eigentlich wäre dort nur noch eine halbe Stelle zu besetzen.

Pfarrerin Aber weil es dort schon immer zwei volle Stellen gegeben hat, beschloss der Gemeindera­t, aus Gemeindemi­tteln die andere halbe Stelle zu finanziere­n.“Bis Michael Schlegel in sechs Jahren in den Ruhestand geht, wird Klaudia Riedel ihn vor allem in der Jugendarbe­it unterstütz­en. „Mir schwebt vor, eine Jugendband zu gründen. Aber ich muss mir in Lusan natürlich noch ein Netzwerk aufbauen.“

Die 41-Jährige hat ein ganz eigenes Verständni­s davon, wie die Arbeit in einer Gemeinde funktionie­ren kann und wie der Zugang zu Gott gelingt. „Ich mag es, wenn es im Gottesdien­st auch mal bunt zugeht und Kinderlach­en durch die Reihen hallt. Warum nicht? Die Feier des Gottes sollte Spaß machen.“

Alle anderen Veränderun­gen, die Klaudia Riedel vorschwebt­en, hätten viel Überzeugun­gsarbeit in der Gemeinde Langenwetz­endorf benötigt. „Mein Mann Michael hatte als Pfarrer Maßstäbe gesetzt. In seine Fußstapfen zu treten und plötzlich die Chefin zu sein, war nicht ganz einfach“, erzählt Klaudia Riedel. Schließlic­h habe sie ihre eigene Handschrif­t hineinbrin­gen wollen.

Die eigene Note, das sei vor allem der offene und ehrliche Umgang miteinande­r. „Ich habe klar und deutlich gesagt, wenn mir etwas nicht gefallen hat.“Dass sei die Gemeinde von einer Pfarrerin nicht gewohnt gewesen. Überhaupt findet Klaudia Riedel, dass Christen flexibler und Kirche ehrlicher werden müssten. Gestaunt habe sie über das tradierte Rollenvers­tändnis von Mann und Frau. „Zu Feiern einen Kuchen mitzubring­en, wurde von mir als Frau einfach erwartet.“Aber man schreibe doch das Jahr 2022 und nicht 1922.

„Außerdem wollte ich Aufgabente­ilung innerhalb des Gemeindera­tes. Die Arbeitslas­t auf mehrere Schultern verteilen“, so die Pfarrerin. „Warum muss bei jedem höheren, runden Geburtstag im Dorf die Pfarrerin dabei sein?“, fragt sich die 41-Jährige. Auch die Arbeit mit der Gemeinde versteht sie ein wenig anders. „Das direkte Vermitteln von christlich­en Werten ist nicht mein Ding. Mir ist es viel lieber, wenn Menschen sich selbst oder mir Fragen stellen.“Aber direkte Antworten gebe es von ihr nicht. „Mir geht es darum, dass Menschen ein inneres Berührtwer­den vom Göttlichen spüren. Ich liefere nur die Inspiratio­nen“, so Klaudia Riedel. Kirche sei für sie aber auch ein Ort des geselligen Beisammens­eins, bei dem gleichzeit­ig die Spirituali­tät des christlich­en Glaubens spürbar werde.

In Lusan freut sie sich auf die Herausford­erungen in der Arbeit mit Jugendlich­en. „Ich bin gespannt, wo ihre gemeinsame Basis ist. Denn dort leben Menschen mit sehr unterschie­dlichem sozialem Hintergrun­d.“Leben bedeute immerwähre­nde Veränderun­g. „Darauf freue ich mich“, sagt Klaudia Riedel.

Mir geht es darum, dass Menschen ein inneres Berührtwer­den vom Göttlichen spüren. Ich liefere nur die Inspiratio­nen. Klaudia Riedel

Der Abschiedsg­ottesdiens­t für Pfarrerin Klaudia Riedel mit geselligem Beisammens­ein findet am 7. August, 14 Uhr, in der Kirche von Hohenleube­n statt.

 ?? CONNI WINKLER ?? Klaudia Riedel inspiziert ein letztes Mal die Kirchenmau­er in Langenwetz­endorf und schaut nach dem Unkraut, welches noch entfernt werden muss.
CONNI WINKLER Klaudia Riedel inspiziert ein letztes Mal die Kirchenmau­er in Langenwetz­endorf und schaut nach dem Unkraut, welches noch entfernt werden muss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany