Thüringische Landeszeitung (Gera)
Kolumne Wenn Fußballprofis Müll sammeln
gefüllter Gasspeicher und immer gravierenderer Auswirkungen der Klimakrise auch in unseren Breitengraden so richtig Fahrt auf. Weil der Profifußball im Rampenlicht steht, rückt er nun auch bei jenen Streitgesprächen immer mehr in den Fokus. Nicht nur das. Das Thema ist schon in der Realität angekommen. Die Profis vom FC Schalke 04 mussten beim Pokalduell gegen den Bremer SV in Oldenburg kalt duschen, weil die Stadt während der Ferien aus Spargründen das Warmwasser abgedreht hat.
Inzwischen kommen kritische Stimmen sogar aus dem Lager des Profifußballs selbst. Andreas Rettig, einst Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) und zuletzt bis Mai in gleicher Funktion beim Drittligisten Viktoria Köln, fordert einen eigenen Beitrag der Szene und unterbreitet Vorschläge. Er hat skandinavische Länder wie Norwegen oder Finnland im Blick: „Warum stellen wir den Spielplan nicht aufs Kalenderjahr um? Man spielt von März bis Dezember und spart enorm viel Öl und Gas.“
Wenn tatsächlich die Menschen im kommenden Winter die Heizung in den eigenen vier Wänden drosseln müssten, kämen natürlich Fragen auf, wenn in den Fußballstadien der Republik die Rasenheizungen auf Hochtouren laufen. Nach Rettigs Angaben verbraucht eine Rasenheizung im Ölbetrieb immerhin etwa 2000 Liter Heizöl am Tag.
Oder anders gesagt: „Das ist ungefähr so viel wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr. Ich denke, dass man hier tatsächlich umdenken, beziehungsweise vorbereitet sein muss.“
Sogar bei den Bundesliga-Profis gibt es einen richtigen Umweltaktivisten. Der norwegische Nationalspieler Morten Thorsby von Union Berlin rief mit Vater Espen die Stiftung „We play green“ins Leben. Er lebt vor, was er bewirken will. Beim SC Heerenveen radelte er zum Training und stieß an, dass der Klub eine Solaranlage auf dem Stadiondach installiert. Als er bei Sampdoria Genua kickte, sammelte er Müll und motivierte die Stadt, Bäume zu pflanzen. Dort galt er bald als „Greta Thunberg des Fußballs“.
Aus seiner Sicht seien schon kleine Schritte hilfreich. Der 26-Jährige nimmt vor allem seine Profikollegen in die Pflicht. Seine Empfehlung: Weniger föhnen, weniger Fleisch essen, einen Linienflug statt den Privatjet nehmen. Und man möge es den Millionen Followern im Netz zeigen, um so ein Umdenken anzustoßen.
Dass mit Ressourcen noch immer verschwenderisch umgegangen wird, zeigt das skurrile Beispiel von Drittliga-Aufsteiger VfB Oldenburg. Damit der Klub die Auflagen des Fußball-Verbandes erfüllt, muss er bei jedem Heimspiel im Marschwegstadion eine mobile Flutlichtanlage aufbauen – selbst wenn der Anpfiff im Sommer um 13 Uhr erfolgt.