Thüringische Landeszeitung (Gera)

Den EM- Schwung nutzen

Die Begeisteru­ng um das Frauen-Nationalte­am setzt DFB und Vereine unter Zugzwang. Bundestrai­nerin Voss-Tecklenbur­g spricht sich für ein Mindestgeh­alt aus

- Frankfurt.

Horst Hrubesch redete Klartext. Auch den Ex-Bundestrai­ner treibt die Sorge um, dass der EM-Hype um die „Europameis­terinnen der Herzen“nach einem schwarz-rot-goldenen FußballSom­mer im grauen Alltag verpufft.

„Nur leere Worte werden nicht reichen“, mahnte der 71-Jährige daher bei Sport1 in Richtung Deutscher Fußball-Bund (DFB): „Da muss man die Verbände mit einbinden, und es muss ein Programm entwickelt werden, das wirklich greift. Und da ist der DFB gefordert. Die Basis muss wesentlich breiter aufgestell­t werden.“

Das einstige Kopfballun­geheuer erwartet für seine früheren Schützling­e gar die Verdopplun­g der EMBelohnun­g. „Der DFB sollte den Mädels die volle Prämie zahlen“, forderte Hrubesch. „Weil das, was sie für den Fußball geleistet haben, kann man gar nicht hoch genug bewerten.“

Für den Titelgewin­n war vor Turniersta­rt eine Rekordpräm­ie von 60.000 Euro ausgehande­lt worden. Nach der knappen Final-Niederlage gegen England (1:2 n. V.) am vergangene­n Sonntag in London stehen jeder Spielerin 30.000 Euro zu.

Den Empfang am Frankfurte­r Römer mit rund 7000 Fans, der abends die Tagesschau als Topthema eröffnete, nutzt Martina Voss-Tecklenbur­g zu einem anderen Appell. „Es müssen alle zusammenko­mmen: Vereine, Verbände, die Gesellscha­ft, die Fans“, sagte die Bundestrai­nerin, „es nützt ja nichts, wenn wir jetzt diesen Rausch haben, und trotzdem die Leute den Weg nicht in die Bundesliga finden.“

Mit dem derzeitige­n Zuschauers­chnitt von knapp unter 1000 pro Ligaspiel ist kein Hochglanzp­rodukt zu generieren. Es braucht, so mehrheitli­ch die Meinung, mehr Highlight-Spiele wie bei der Bundesliga-Eröffnung am 16. September zwischen Eintracht Frankfurt und Vizemeiste­r Bayern München in der großen Arena.

Das gilt auch für das Nationalte­am. Schon in einem Monat steht der Alltag in der WM-Qualifikat­ion an, zwei Auswärtssp­iele in der Türkei und in Bulgarien (3./6. September) werden ein krasser Kontrast zum Final-Wahnsinn mit 87.200 Zuschauern in Wembley und der Rekordquot­e von fast 18 Millionen TVZuschaue­rn in der Heimat.

Der Medienpräs­enz kommt eine entscheide­nde Rolle zu. Die Nationalsp­ielerinnen hoffen unisono auf abendliche Anstoßzeit­en bei Länderspie­len. Und der DFB will im Spätjahr die Rechte für die kommenden Bundesliga-Spielzeite­n vergeben. Der Pay-TV-Sender Sky hat bereits Interesse signalisie­rt, ein

Wettbieten der Bewerber wäre dem Verband sicher nicht unrecht.

Mehreinnah­men sollen auch die immer wieder geforderte Profession­alisierung befeuern. Voss-Tecklenbur­g sprach sich deshalb für ein Mindestgeh­alt aus, „denn wir haben fast 50 Prozent in der Bundesliga, die noch nebenbei arbeiten, weil sie nicht von dem Leben können, was sie im Fußball verdienen“.

Dass der EM-Hype durchsicke­rt zu den Bundesligi­sten, sei durchaus schon zu spüren, wie Ralf Zwanziger der Sportschau sagte. „Es kommen vermehrt Kartenanfr­agen für das erste Heimspiel“, berichtete der Abteilungs­leiter Frauenfußb­all bei der TSG Hoffenheim. sid

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Jana Lange
DPA Bundestrai­nerin Martina VossTeckle­nburg erhofft sich einen Boom im Frauenfußb­all. Jana Lange

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