Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Warum soll ich mich entschuldigen?“
Altkanzler Schröder setzt auf seine Nähe zu Putin. Er will im Ukraine-Krieg verhandeln und Nord Stream 2 aktivieren
Nicht viele westliche Politiker haben einen persönlichen Draht zu Russlands Präsident Wladimir Putin – Altkanzler Gerhard Schröder schon. Gerade war er in Moskau beim Kremlchef. Der SPDPolitiker wirbt nun für Verhandlungen und selbstredend für sich selbst als Vermittler. Er will wieder ins Geschäft kommen, buchstäblich. Im Interview mit der Zeitschrift „Stern“und dem TV-Sender ntv empfiehlt der Lobbyist des russischen Energiekonzerns Gazprom, die Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee in Betrieb zu nehmen. War da was? Ein Krieg in der Ukraine
vielleicht?
Nord Stream 2 war nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gar nicht erst ans Gasnetz angeschlossen worden. Der Altkanzler sagt dessen ungeachtet nun, mit der Pipeline könne der Gas-Engpass in Deutschland gelindert werden. Wer das nicht wolle, müsse dann auch die Konsequenzen tragen: Verteilungskämpfe. „Da möchte ich nicht in der Haut der Verantwortlichen stecken.“Die Folgen würden riesig sein.
Es war Schröders erstes Interview seit Langem. Der 78-Jährige will sich Putin warmhalten. Denn: Ohne Gespräche beider Seiten werde es nicht gehen. Er ist sich sicher, dass der Kriegsherr reden will. „Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.“Wie das geht, zeigt die Türkei, die gerade Getreidelieferungen aushandelte. „Sehr hilfreich“, findet Schröder. Und der Anfang von etwas Großem? „Vielleicht kann man das langsam zu einem Waffenstillstand ausbauen.“
Schröder traut sich das zu. „Warum sollte ich mit Gesprächen, die rechtlich möglich sind und mich und meine Familie nicht in Schwierigkeiten bringen, aufhören?“Da bleibt nur eine Frage: Will er mit oder für Putin verhandeln? Gegenfrage: „Würde eine persönliche Distanzierung von Wladimir Putin wirklich irgendjemandem etwas bringen?“Müsse er denn über jedes Stöckchen springen, das ihm hingehalten werde? „So bin ich nicht.“
Die SPD will Schröder loswerden. Es gibt 17 Anträge auf Ausschluss aus der Partei. Ein Beschluss steht Berichten zufolge kurz bevor. Schröders Äußerungen stießen nun aber auch parteiübergreifend auf Kritik. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, kritisierte etwa: „Wenn er sagt, dass Putin eine Lösung will“, dann könne sie bereits sagen, wie die Lösung auszusehen habe: „Nämlich, Putin will die Ostukraine“, sagte sie im „Frühstart von RTL/ntv. mit dpa