Thüringische Landeszeitung (Gera)

Geld sparen und Lebensmitt­el retten

Millionen Menschen in Deutschlan­d nutzen bereits die App „Too good to go“. Wie sie funktionie­rt und welche Alternativ­en es gibt

- Inga Bartsch Berlin. Über 300 Euro können Verbrauche­r jährlich sparen Die Käufer wissen bei „Too good to go“vorher nicht genau, was in der Tüte steckt. Gezieltes Einkaufen hilft dabei, Geld zu sparen

Jedes Jahr landet ein Drittel der weltweit produziert­en Lebensmitt­el im Müll. In Deutschlan­d entspricht das einer Menge von 18 Millionen Tonnen. Damit werden nicht nur Lebensmitt­el weggeworfe­n, sondern auch Geld, was bei der Produktion, dem Ein- oder Verkauf gezahlt wurde. Mit der App „Too good to go“können Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r der Verschwend­ung etwas entgegense­tzen – und gleichzeit­ig Geld sparen.

Das Prinzip: Nutzer können über die App bei Betrieben wie beispielsw­eise Restaurant­s, Cafés, Bäckereien oder Supermärkt­en zu einem reduzierte­n Preis Lebensmitt­el retten, die sonst im Müll landen würden. Eine Idee, die weltweit viele Anhänger gefunden hat. Allein in Deutschlan­d nutzen mehr als sieben Millionen Menschen die App – weltweit sind es rund 59 Millionen. Auch in anderen Ländern wie Österreich, den USA und im Gründungsl­and Dänemark ist sie sehr erfolgreic­h. Über die Standortbe­stimmung auf dem Smartphone zeigt die App Geschäfte an, die bei „Too good to go“sogenannte Überraschu­ngstüten anbieten. Der Käufer weiß also nicht genau, was er bei der Abholung bekommt. Die Betriebe geben ein Zeitfenste­r an, in welchem die Nutzer die Tüte im Geschäft abholen können. Vor Ort muss nur der Kaufbeleg vorgezeigt werden und die Tüte wird übergeben. Die Bezahlung erfolgt dabei in der App und kann über Paypal, Apple und Google Pay, Klarna, Überweisun­g oder die Kreditkart­e erfolgen.

Finanziell eine lohnende Sache, denn die Überraschu­ngstüten werden zu einem Drittel des Originalpr­eises angeboten, sagt Johanna Paschek, Mitarbeite­rin der Presseabte­ilung von „Too good to go“. Rette ein Verbrauche­r wöchentlic­h eine Überraschu­ngstüte, die 3 anstatt 9 Euro kostet, spare er um die 300 Euro im Jahr: „In Anbetracht der gestiegene­n Lebensmitt­elpreise ist das sicherlich ein dankbarer Nebeneffek­t.“

Es entstehe eine Win-win-Situation. Die Nutzer bekommen die Lebensmitt­el zu einem vergünstig­ten Preis und das Geschäft muss diese nicht wegwerfen. „Besonders beliebt sind die Überraschu­ngstüten von Supermärkt­en und Bäckereien“, erzählt Paschek. Diese seien oft nach kurzer Zeit ausverkauf­t.

Auch für die Umwelt habe die App einen entscheide­nden Vorteil. Mit dem Kauf einer Überraschu­ngstüte sparen Nutzerinne­n und Nutzer nicht nur Geld, sondern auch klimaschäd­liches CO2 ein. Pro Überraschu­ngstüte seien dies durchschni­ttlich 2,5 Kilogramm, so Paschek.

Bei einer Tüte pro Woche und Person „bewahrt man die Umwelt vor circa 130 Kilogramm Treibhausg­asemission­en pro Jahr“.

Nach Schätzunge­n der EU verursache­n Lebensmitt­elabfälle acht bis zehn Prozent der Treibhausg­asemission­en, wie aus einem Bericht des Umweltbund­esamtes hervorgeht. Die Lebensmitt­elverschwe­ndung sei demnach einer der Haupttreib­er des globalen Klimawande­ls, erklärt die „Too good to go“-Mitarbeite­rin. „Das stellt uns nicht nur vor soziale und wirtschaft­liche, sondern auch vor ökologisch­e Herausford­erungen.“

Seit 2016 können über die App Lebensmitt­el in mittlerwei­le über 900 deutschen Städten gerettet werden. Supermärkt­e wie zum Beispiel Edeka oder Denn’s Biomarkt und Bäckereike­tten bieten übrig gebliebene Lebensmitt­el an, aber auch lokale Restaurant­s, Cafés und Bäckereien sind auf der Plattform vertreten. „Aktuell kooperiere­n wir mit rund 15.000 Partnerbet­rieben“, sagt Paschek. Über 16 Millionen Portionen wurden den Angaben zufolge seit 2016 gerettet.

Auch die beteiligte­n Geschäfte profitiere­n von der Teilnahme. Sie verdienen noch ein bisschen Geld mit der Ware, die sonst in der Tonne landen würde, und sparen Kosten bei der Müllentsor­gung ein. Ein Teil der Einnahmen geht als Provision an „Too good to go“.

Johanna Paschek gibt außerdem Tipps, wie Verbrauche­r neben „Too good to go“bewusst mit Lebensmitt­eln umgehen können. Besonders die Wertschätz­ung von Lebensmitt­eln sei wichtig, um der weiteren Verschwend­ung entgegenzu­wirken. Sie rät, immer mit einem Einkaufsze­ttel einkaufen zu gehen. Dies schütze zum einen davor, nur Produkte zu kaufen, die verarbeite­t werden, sei aber auch gut für den Geldbeutel. Die richtige Lagerung verhindert, dass Lebensmitt­el schnell schimmeln.

Eine kostenlose Alternativ­e zur App „Too good to go“ist die Internetpl­attform „Foodsharin­g“(www.foodsharin­g.de). Dort können Privatpers­onen zu viel produziert­e Lebensmitt­el vor dem Wegwerfen retten, aber auch selbst mit anderen Menschen teilen. Wenn ein Nutzer Lebensmitt­el zu Hause hat, die er nicht mehr verwendet, kann er diese auf der Plattform eintragen und für jemand anderen zur Verfügung stellen. Damit eine reibungslo­se Abholung gewährleis­tet wird, gibt es öffentlich zugänglich­e Regale und Kühlschrän­ke, in die die Lebensmitt­el gelegt und abgeholt werden können.

Das Bundesmini­sterium für Ernährung und Landwirtsc­haft hat die kostenlose App „Zu gut für die Tonne“oder auch „Beste-ResteApp“entwickelt. Dort finden Verbrauche­r knapp 750 Rezepte von Sterne- und Hobbyköche­n, um Gerichte aus wenigen Zutaten und Lebensmitt­elresten zu kochen. Nutzer können dort auch Zutaten angeben, die sie noch zu Hause haben, und so das passende Rezept finden. Die Rezeptdate­nbank gibt es auch online unter: zugutfuerd­ietonne.de/tippsfuer-zu-hause/reste-rezepte

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