Thüringische Landeszeitung (Gera)
Das Märchen vom Betzenberg
Sünderkartei der Frankfurter Zep- pelin-Allee“, schildert Autor Ben
Redelings die Episode, und die Sa- m Himmel war keine Wolke zu che ist vergessen gewesen. sehen. Es passte einfach alles
Heute darf sie trotz als Auftakt ei- an jenem 10. Mai 1998, als sich die ner Ära betrachtet werden. Bayern Spieler des 1. FC Kaiserslautern einen mit dem von hinten zaubernden Li- Tag nach dem letzten Saisonduell bero Beckenbauer führt vom ersten auf dem Rathausbalkon feiern bis zum letzten Spieltag. Die erste ließen. Zum ersten und bis heute Meisterschaft fürs bajuwarische En- einzigen Mal in der Bundesliga gelang semble und der Anfang vom Ende den Pfälzern der Husarenritt, für die anderen. Die Münchner sind als Aufsteiger auf Anhieb Meister zu nach wie vor das Maß der Liga. 31 werden. Mit zwei Punkten Vorsprung weitere Meisterschaften folgen dem auf den großen FC Bayern 69er-Double. Einiges spricht dafür, um Trainer Giovanni Trapattoni dass die Schale alsbald wieder nach („Ich habe fertig“, „Flasche leer“) München geht. Oder um es mit des holten sie als Sieger der Herzen die Kaisers Worten zu sagen: „Schaun Bundesligakrone. Am vierten Spieltag mer mal, dann sehn mer scho.“übernahm der FCK damals die
ATabellenführung und gab sie nicht mehr her. 1991 zum dritten Mal deutscher Meister geworden, im Spieljahr 95/96 der Abstieg und trotzdem ein Woche danach Pokal- sieger geworden – nach turbulenten Jahren übernahm Otto Rehhagel in der 2. Liga das Traineramt und ent- fachte eine riesige Euphorie. Er formte aus der zerstrittenen Elf eine verschworene Truppe mit Wir-Ge- fühl. Als am ersten Spieltag der Sai- son 1997/98 dem Aufsteiger ein 1:0 gegen Bayern gelang, glaubten viele Fans in Deutschland eher an einen ärgerlichen Ausrutscher des Titel- verteidigers. Zehn Monate später aber machte der kleine Club aus der Provinz das Fußballmärchen wahr.