Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Ein Stück weit sind die Zweifel berechtigt“
Trainer Andreas Patz spricht über das „Überbrückungsjahr“des FC Carl Zeiss Jena, ärgert sich über die Pokalvorfälle und freut sich aufs Derby
Die Vorfreude ist groß, die Brust nach dem unglücklichen 0:1 im DFB-Pokal gegen Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg ein Stückchen breiter: Der FC Carl Zeiss Jena startet am Samstag (13 Uhr) mit dem Heimspiel gegen Viktoria Berlin in die Regionalliga. Wir sprachen mit Trainer Andreas Patz über den Auftakt, warum es für den FCC keine leichte Saison wird, die Pokalvorfälle und die Bedeutung des Titels „Thüringens Nummer eins.“
Herr Patz, am Samstag startet der FC Carl Zeiss Jena gegen Viktoria Berlin in die Regionalliga. Ist Ihre Mannschaft bereit für den Auftakt?
Auf jeden Fall. Wir haben sechs Wochen gut gearbeitet und die Mannschaft hat sich gut zusammengefunden. Mit dem Wolfsburg-Spiel hatten wir ein tolles Highlight und einen super Härtetest. Den haben die Jungs gut bestanden, und das hat mich auch stolz gemacht.
Im DFB-Pokal haben Sie gegen Bundesligist Wolfsburg in der Nachspielzeit verloren. Da sollten die Berliner doch eigentlich kein Problem sein. Das Wolfsburg-Spiel ist abgehakt. Dafür können wir uns nichts kaufen. Auf die Leistung können wir stolz sein, mehr aber auch nicht. Das Spiel gegen Viktoria wird ganz anders sein. Das ist uns bewusst, das ist der Mannschaft bewusst. Es wird für beide schwer werden, auch für Viktoria, die erst wieder in der Liga ankommen müssen, eine ganz neue Mannschaft haben. Wir müssen fokussiert rangehen. Die Jungs sind heiß. Wenn die Einstellung stimmt wie gegen Wolfsburg, werden wir etwas mitnehmen.
Wie sehr hat es Sie und die Mannschaft geärgert, dass die Pokalleistung durch die Taten einiger weniger so in den Hintergrund gerückt ist? Es war eigentlich nicht so Thema innerhalb der Mannschaft. Aber natürlich stört es mich, weil ich jegliche Art von Gewalt ablehne. Die Enttäuschung, so gegen Wolfsburg zu verlieren, war groß – auch bei mir. Aber trotzdem muss man ein fairer Verlierer sein. Solche Sachen gehören nicht ins Stadion, nicht zum Sport, nirgendwo hin. Da habe ich absolut kein Verständnis dafür. Wir haben uns auch auf verschiedenen Ebenen bei den Wolfsburgern entschuldigt. Die Jungs haben ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht und haben es nicht verdient, dass dieses durch so etwas überschattet wird.
Der FC Carl Zeiss ist Ihre erste Station als Cheftrainer einer Profimannschaft. Was konnten Sie aus Ihrer ersten Saison lernen?
Natürlich nimmt man immer was mit, egal in welcher Funktion man ist. In der Verantwortung zu stehen, ist aber noch einmal etwas anderes. Ich habe die Saison für mich aufgearbeitet und Dinge mitgenommen, die ich in der neuen Spielzeit optimieren möchte – in der Kommunikation mit der Mannschaft, der Herangehensweise im Trainerteam. Wichtig ist, dass man sich selbst ein Ziel setzt und sich auch selbst hinterfragt. Ich denke, wir haben als Zweiter in der zurückliegenden Saison vieles richtig gemacht. Aber ich bin jemand, der sich damit nicht zufriedengibt und den Anspruch hat, weiterzukommen. Wir wollen erfolgreich sein, was aber nicht immer nur am Tabellenplatz gemessen werden kann. Junge Spieler heranzuführen, gehört auch dazu und steht bei uns diesmal ein Stück weit mehr im Fokus als in der vergangenen Saison.
13 Spieler haben den Verein verlassen, zwölf neue sind gekommen. Der Umbruch ist deutlich größer ausgefallen als zunächst gedacht. Hinzu kommen die notwendigen Einsparungen. Es ist gibt im Umfeld Zweifel, ob der FC Carl Zeiss in der Spitzengruppe mithalten kann.
Wir wollten den Umbruch etwas kleiner halten und haben den einen oder anderen Spieler mehr verpflichten müssen. Einige neue Spieler kommen aber aus dem eigenen Nachwuchs und kennen mich schon. Ein Stück weit sind die Zweifel berechtigt. Der Verein hat es klar kommuniziert, dass es ein Überbrückungsjahr wird – auch aufgrund der Einsparmaßnahmen. Wir müssen schauen, dass wir als geschlossene Mannschaft gut starten, und dann wird man sehen, was möglich ist. Aber man muss die Füße auf dem Boden lassen und es realistisch einordnen. Man kann nicht erwarten, dass wir jeden Gegner aus dem Stadion schießen.
Zuletzt ging der Saisonstart zweimal daneben. Warum wird es diesmal besser?
Aller guten Dinge sind drei! (lacht) Ganz ehrlich, ich lege da gar nicht so richtig den Fokus drauf. Da erhöht man nur unnötig den Druck. Die Jungs müssen an das Maximum gehen in jedem Spiel. Und wenn wir das abrufen, was wir schon gezeigt haben, werden wir ein gutes Spiel machen und definitiv auch was in der Hand haben. Die anderen Mannschaften darf man aber auch nicht unterschätzen und als Laufkundschaft darstellen. Fast alle kommen hierher und haben nichts zu verlieren. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen.
Sie stammen aus Bad Salzungen. Wen haben Sie in Ihrer Jugend die Daumen gedrückt, wenn die Thüringen-Derbys anstanden?
Ich habe beide Vereine immer verfolgt, sie waren ja auch in der Nähe. In meiner Heimat gibt es Jena- und Erfurt-Fans. Ich muss ehrlich sagen, ich habe aber nie jemanden favorisiert. Ich habe als Jugendlicher mit Bad Salzungen sowohl gegen Erfurt als auch Jena selbst gespielt. Mein Blick ging eher Richtung England und den FC Liverpool.
Freuen Sie sich schon auf die Duelle gegen den FC Rot-Weiß Erfurt, die es in dieser Saison ja seit 2018 erstmals wieder gibt?
Natürlich, das ist etwas ganz Besonderes für die Fans. Es gibt in diesem Spiel zwar auch nur drei Punkte, aber es hat einen ganz anderen Stellenwert. Gute Stimmung, ausverkauftes Haus – das wird ein Höhepunkt in dieser Saison.
Wie wichtig wird es, „Thüringens Nummer eins“zu bleiben?
Ich weiß, was das für die Fans und den Verein bedeutet. Wir wollen beide Derbys für uns entscheiden und weiter „Thüringens Nummer eins“sein und bleiben.