Thüringische Landeszeitung (Gera)
Bislang höchster Zulauf bei Demonstrationen
38.000 Menschen am Montag auf der Straße. Angriffe und Pöbeleien in Gera und im Eichsfeld
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) geht davon aus, dass die Zahl der Demonstranten, die montags auf Straßen in Thüringen unterwegs sind, am vergangenen Montag ihre Spitze erreicht haben könnte. Die Polizei geht von 38.000 Menschen aus, die an 42 Veranstaltungen teilgenommen haben – in der Vorwoche waren es „nur“23.000. Maier verweist auf Sondereffekte, die die hohe Teilnehmerzahl am Feiertag begünstigt haben könnten. Die hohe Zahl sei kein reines Thüringer Phänomen. Insbesondere zur mit 10.000 Teilnehmern am stärksten besuchten Demo in Gera war bundesweit mobilisiert worden.
Die Zahl der Menschen, die montags demonstrieren, ist weiter angestiegen. Nach Angaben der Landespolizeidirektion wurden 38.000 Personen gezählt, die am Montag an verschiedenen Kundgebungen oder Protestmärschen teilgenommen haben.
Im Vergleich zur Vorwoche ist das eine sehr deutliche Steigerung – um 15.000 Personen. Insbesondere Gera wurde am „Tag der deutschen Einheit“zum Zentrum der Proteste. Hier organisiert der Rechtsextremist Christian Klar seit Monaten die sogenannten „Spaziergänge“, die bereits im vergangenen Winter, als Corona die Szenerie dominierte, in Gera viel Zulauf hatten. In Gera gab es am Montag die besondere Situation, dass bundesweit zur Kundgebung und der sich anschließenden Demonstration aufgerufen wurde – und offenbar die Redner auch dafür sorgten, dass zahlreiche Menschen dem Aufruf folgten. Jürgen Elsässer, Herausgeber des vom Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“eingestuften Magazins „Compact“, Martin Kohlmann,
Gründungsvorsitzender der sächsischen Kleinstpartei „Freie Sachsen“, ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet, und Björn Höcke, Thüringer AfD-Landesvorsitzender und ebenfalls im Visier des Verfassungsschutzes, waren die Hauptredner in Gera.
Nachdem es auf der Kundgebung mit etwa 3000 Personen ruhig geblieben ist, schloss sich ein Protestmarsch an, bei dem die Teilnehmerzahl schnell aufwuchs. Die Polizei sprach am Ende von 10.000 Demonstranten, die durch die Geraer Straßen unterwegs waren. Vorfälle, wie einen Flaschenwurf auf einen Fotografen, blieben allerdings unerwähnt. Weitere Verbalangriffe gegen Fotografen zogen sich wie ein roter Faden durch die Demonstration, wie Videos belegen, die dieser Zeitung vorliegen.
Nicht nur in Gera kam es zu Attacken. Auch in der Eichsfelder Kreisstadt Heiligenstadt sahen sich Fotografen Angriffen ausgesetzt. Einer der Journalisten, die den Protest dokumentierten, wurde körperlich attackiert und dabei auch ein Teil seiner Ausrüstung beschädigt. Die Polizei bestätigte den Übergriff. Im Eichsfeld ist es nicht die erste Attacke gegen Journalisten. Gerade einmal vier Wochen liegt ein Urteil des Landgerichts Mühlhausen zurück. Zwei Rechtsextremisten erhielten milde Strafen dafür, dass sie im April 2018 zwei Fotografen schwer verletzt haben, die im Umfeld eines NPD-Funktionärs recherchierten.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass Angriffe auf Journalisten zu einer neuen Normalität werden“, sagte Magdalena Willer von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in Thüringen. Sie warnt für einer weiteren Eskalation der Situation, da in den vergangenen Wochen ein „aggressiver rechter Zusammenschluss von bürgerlicher Mitte bis zu extrem rechten Akteuren“entstanden sei.
Auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) verurteilte den neuerlichen Angriff auf Pressevertreter im Eichsfeld. Hier sei es zwar bisher nicht gelungen, den Täter zu identifizieren. „Wir werden aber alles daran setzen, dass das gelingt“, versprach er dieser Zeitung.
Neben Gera zählten Leinefelde mit 2500 Demonstranten und Altenburg mit 3800 Protestierenden zu den Hauptversammlungen am Montagabend.