Thüringische Landeszeitung (Gera)
Ein Denkmal erzählt Dorfgeschichte
In Geißen ist am Sonntag zum Tag des offenen Denkmals die alte Schule geöffnet
Auf einem Bergsporn mit der Kirche, präsent und wichtig, liegt das Haus Geißen 18. In seinem aktuellen Sanierungszustand wird es am Sonntag zum Tag des offenen Denkmals geöffnet sein. „Es verkörpert das Dorf“, sagt Architekt Thomas Laubert aus Gera, der sich mit der Geschichte des Gebäudes beschäftigte. „Sie zeigt, wie sich Bildung in die Gesellschaft eingeschlichen hat“, erklärt er.
1724 ist die erste Schule in Geißen nachweisbar. Dass es sie hier gibt, ist Bauern aus Geißen und Langengrobsdorf zu verdanken. Sie wollten ihre Kinder nicht länger nach Saara durch den Schlamm waten lassen und sie so lange unterwegs wissen, dass sie nicht mehr auf den Höfen helfen konnten. Obendrein las er nach, dass sie verlangten, den Lehrer aus Langenberg nach Leistung zu bezahlen, weil er den Kindern nichts beibringen würde. Auf rund 100 Jahre bis zum Umbau addierten sich Rechtsstreitigkeiten. Erst um das Gehalt des Lehrers, dann um das Schulgeld, das Saara weiter verlangte. Obendrein wollte es die Nachbarn 1766 am eigenen Schulumbau beteiligen.
Dass der Bau von 1828 stammt, hat den Architekt überrascht. Denn
den Grundriss im Erdgeschoss kennt er aus Schulgebäuden in Blankenhain und Paitzdorf, die auf die Zeit um 1740 datiert sind. Gewissheit holte er sich mit einer dendrochronologischen Untersuchung, bei der das Fälldatum des Bauholzes ermittelt wurde. Thomas Laubert, der für eine Geraer Eigentümerfamilie spricht, erzählt, er habe einen guten Draht zum Dorf. „Die Leute sind interessiert und freundlich. Einige gingen selbst noch hier zur Schule“.
Die Familie hatte das leerstehende Haus 2020 im Internet entdeckt. Seitdem wurden neue Strom- und Wasseranschlüsse installiert, der Garten bestellt und ein kleiner Innenhof
angelegt. Auch mit dem Gemäuer geht der Architekt und CoVorsitzende des Geraer Denkmalbeirates behutsam um und sagt einen allgemeingültigen Satz: „Armut ist der beste Denkmalpfleger, weil nur das gemacht wird, was notwendig ist.“Im Obergeschoss riss er eine kleine Treppe heraus. Die alte Holztreppe rechts neben der Tür aber wird gerade von alten Farbschichten befreit. Ein Rotton, sowohl an der Treppe als auch an den Wänden, ist hier original und ein achtteiliges Kreuzstockfenster hinter der Treppe. „Den Fenstern, die in der ersten Etage zum Aufgang zur Kirche zeigen, verpasste der Architekt eine Holzlatte. „Dass die Proportionen
an dieser Fassade nicht stimmten, hat mich total gestört.“Dunkle Muster an den Wänden hat man unter neueren Farbschichten freigelegt und lässt sie als Sichtfenster in die Zeit um 1900.
Beabsichtigt ist, das Haus so zu nutzen, wie es seine Bestimmung ist. In der kalten Jahreszeit wärmt die Sonne den großen Raum im Obergeschoss. Die alte Schulstube ebenerdig ist dafür der eher kühle Raum im Sommer.
Das Denkmal ist am Sonntag von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Der Architekt ist ab 13.30 Uhr anzutreffen. Empfohlen wird, an der Hauptstraße durchs Dorf, am „Fuchsbau“zu parken.