Thüringische Landeszeitung (Gera)
Geprellte Eltern sind verärgert
Angekündigte Expansion der Münchenbernsdorfer Bioküche stößt auf Verwunderung
Gera/Münchenbernsdorf. Von Essensgeldbetrug bis hin zur Insolvenzverschleppung – so lauten die Vorwürfe der Eltern, mit denen diese Zeitung ins Gespräch gekommen ist. Sie richten sich an Silke Beyer und ihre beiden Unternehmen Werk 5 regionale Bioküche mit Sitz in Münchenbernsdorf und dem Geraer Biowerk 8 – beide seit April 2021 in Liquidation.
Nach der Veröffentlichung des jüngsten Beitrages zum Besuch von Susanna Karawanskij, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft in Münchenbernsdorf, und den erneuten Expansionsideen von Silke Beyer meldeten sich verärgerte Eltern zu Wort. „Seitdem ich davon gelesen habe, dass Silke Beyer erneut Einrichtungen versorgen will, bin ich verärgerter als zuvor“, sagt ein Vater, der noch immer auf sein Geld wartet.
Trotz Insolvenz geht es weiter
2016 eröffnete Silke Beyer ihr Werk 5 regionale Bioküche in Münchenbernsdorf. „Meine Idee war es, im Ort für die ortseigene Kita, Grundschule und Regelschule zu kochen. 500 Kinder hätte ich versorgen können und das hätte gereicht, meine Idee von regionaler Küche auszuleben.“Bis heute sind weder Kindergarten noch Schule unter Vertrag, dafür jedoch zehn Einrichtungen von Jena bis Greiz. „Ab diesem Schuljahr kochen wir 1000 Essen pro Tag. Wir haben investiert, Bistro und Hofladen komplett geschlossen, die Küche erweitert und das Büro integriert“, erklärt sie zum Ministerbesuch.
Im Juni 2019 eröffnete Silke Beyer ihr Biowerk 8 in Gera – ein BioSupermarkt samt Großküche für bis zu 3000 Essen täglich. Kein Jahr später, im April 2020, verkündete diese Zeitung das Aus samt vorläufiger Insolvenz des Geraer Biowerkes. Indes konstatierte Silke Beyer, dass das Werk 5 regionale Bioküche in Münchenbernsdorf nicht von der Zahlungsunfähigkeit betroffen sei. „Von hier aus werden hauptsächlich Kindergärten versorgt. Schrittweise würde ich auch die Versorgung in den Schulen wieder aufnehmen und die Verträge erfüllen wollen. Schulen und Eltern müssten nicht panisch werden, ich werde den Kontakt zu ihnen suchen“, sagte sie 2020 dieser Zeitung.
Es kommt anders, als gedacht
Doch im April 2021 sah alles ganz anders aus. Zeitgleich mit der Liquidation des Biowerks 8 in Gera rutschte auch das Werk 5 regionale Bioküche mit in die Insolvenz. „Es war eine Einzelunternehmung. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit habe ich mit meinem gesamten Vermögen gehaftet, geschäftlich wie privat. Heute stehe ich bei Null“, erklärt sie auf Nachfrage.
Den Expansionsgedanken, den sie kürzlich verkündete, hegt sie gemeinsam mit ihrem neuen Geschäftspartner und der heutigen Werk 5 Bioküche – diese ist nun eine GmbH. „Jan Hermann Busse hat das Werk 5 aus der Insolvenzmasse gekauft und mich als Geschäftsführerin eingesetzt. Wir haben also neu angefangen. Die regionale Küche ist meine Leidenschaft und diese treibt mich an.“
Sorge vor der gleichen Masche
Im Jahr 2020 besuchte der Sohn des Vaters, der sich an die Redaktion wandte, die Grundschule in Tröbnitz (Saale-Holzland-Kreis). Mit Beginn des neuen Schuljahres, es war das vierte für den Sohn, habe das Werk 5 regionale Bioküche aus Münchenbernsdorf die Essensversorgung übernommen. „Nachdem in den ersten Wochen nach den Sommerferien die Versorgung ziemlich klemmte, kam dann alles so langsam in Gang. Nachteilig an dieser Versorgung war, dass wir immer in Vorkasse gehen mussten. Die Essensbestellung lief über die App eines Drittanbieters. Um freigeschalten zu werden, mussten wir Guthaben aufladen, immer im Voraus“, berichtet der Vater.
Mitte des Schuljahres entschied sich sein Sohn, nicht mehr mitessen zu wollen. Im März 2021 habe der Vater den Essensvertrag gekündigt. „Mit der Bitte, das Guthaben abzüglich einer Corona-Hilfe – mir war ja bewusst, dass es vor allem auch den Essensanbietern schlecht gehen müsse – zurückzuüberweisen.“Auch auf die zweite Kündigung per Einschreiben habe Silke Beyer nicht reagiert.
Schule informiert über Insolvenz
Einige Wochen später informierte die Schulleitung die Eltern über die vorläufige Insolvenz. „Ich habe am
19. Mai 2021 einen Brief von der Schule bekommen, in dem geschrieben stand: ,Noch vor zwei Wochen wurde uns als Einrichtung mitgeteilt, dass es keinen Grund zur Sorge gebe und die Gerüchte einer Insolvenz nicht stimmen würden’“, zitiert eine betroffene Mutter aus diesem Schreiben.
Auch ihr Sohn ist heute in der
7. Klasse und 2020 Viertklässler der Tröbnitzer Grundschule gewesen. „Sofort habe ich die Rückzahlung meines Guthabens in Höhe von 148,20 Euro bei Silke Beyer eingefordert, doch ohne Erfolg. So habe auch ich einen Antrag bei Gericht als Gläubigerin und zudem eine Strafanzeige wegen Insolvenzverschleppung
gestellt. Grundlage für diese Strafanzeige war der Brief der Schule.“
Keine Handhabe über das Geld
Da sich seit April 2021 sowohl das Biowerk 8 in Gera als auch das Werk 5 in Liquidation befinden, „hatte ich keine Handhabe mehr, das Geld zu verwalten“, erklärt Silke
Beyer. „In solchen Momenten, wenn es einem an die Existenz geht, hat man viele Dinge im Kopf“, sagte sie rückblickend. Noch bis April 2024 wird sie in der Privatinsolvenz stecken. Als eine Art der CoronaHilfen wurde gesetzlich geregelt, dass Betroffene ab 1. Oktober 2020 bereits nach drei Jahren wieder schuldenfrei seien.