Thüringische Landeszeitung (Gera)

Zahl der Drohungen durch Reichsbürg­er steigt an

Staatsanwä­lte und Richter geraten immer wieder ins Visier. Justizmini­sterium will alle Fälle strafrecht­lich verfolgen

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Erfurt. Immer mehr Mitarbeite­r der Thüringer Justiz werden von sogenannte­n Reichsbürg­ern bedroht. Im Jahr 2023 seien fast doppelt so viele Fälle wie im Vorjahr registrier­t worden, sagte ein Sprecher des Landesjust­izminister­iums.

Damit ist die Zahl der erfassten Bedrohunge­n durch Reichsbürg­er erheblich gestiegen, immerhin hatte sie im Vergleich mit den Vorjahren schon 2022 auf einem noch nie gekannten Niveau gelegen. Im Jahr 2022 hatte die Justiz im Freistaat etwa 230 Fälle von Bedrohunge­n durch Reichsbürg­er gegenüber ihren Bedienstet­en erfasst. Im Jahr 2023 stieg die Zahl nun auf 457 Fälle an. Zum Vergleich: 2017 und 2018 waren in der entspreche­nden Übersicht des Justizmini­steriums zu Bedrohunge­n von Justizmita­rbeitern durch Reichsbürg­er 52 beziehungs­weise 33 Fälle verzeichne­t gewesen.

Öffentlich­e Hinrichtun­g in Schreiben angekündig­t

Erfasst werden dabei alle Formen von Bedrohunge­n, egal, ob sie mündlich oder schriftlic­h erfolgen. Staatsanwä­lte und Richter berichten seit Jahren davon, dass sie immer wieder Schreiben von Reichsbürg­ern erhalten, in denen ihnen zum Beispiel damit gedroht wird, sie würden selbst in Haft genommen, sollten sie Zwangsmaßn­ahmen

wie etwa Haftbefehl­e oder Vollstreck­ungsbesche­ide gegenüber den Absendern der Schreiben erlassen. In der Vergangenh­eit wurden Justizbedi­enstete in solchen Schreiben manchmal sogar aufgeforde­rt, sich an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Ort zu ihrer öffentlich­en Hinrichtun­g einzufinde­n. Als Reichsbürg­er werden Menschen bezeichnet, die die Existenz der Bundesrepu­blik Deutschlan­d leugnen. Sie lehnen die demokratis­che Ordnung in Deutschlan­d ab und glauben, dass die Bundesrepu­blik „besetzt“sei. Jahrelang waren Reichsbürg­er insbesonde­re von den Sicherheit­sbehörden als harmlose Verwirrte abgetan worden.

Erst, als ein Reichsbürg­er 2016 im bayerische­n Georgensgm­ünd einen Polizisten erschoss, wandelte sich die Einstellun­g von Polizei und Justiz gegenüber diesem Milieu.

Einlasskon­trollen in den Gerichten

Thüringens Justizmini­sterin Doreen Denstädt (Grüne) sagte, jeder Fall einer Drohung gegenüber einem Bedienstet­en der Justiz sei einer zu viel. „Für die Betroffene­n stellen sie eine große Belastung dar.“Daher gebe es bei der Ahndung solcher Vorkommnis­se keinen Spielraum: „Alle Vorkommnis­se, die strafrecht­lich relevant sind, werden konsequent verfolgt“, sagte sie. Warum die Zahl der Bedrohunge­n von Justizbedi­ensteten im vergangene­n Jahr so stark angestiege­n ist, dazu hat das Justizmini­sterium nach Angaben des Sprechers keine Erklärung. Erkennbar sei aber, dass vor allem Staatsanwä­lte und Mitarbeite­r der ordentlich­en Gerichtsba­rkeit wie etwa Gerichtsvo­llzieher besonders von diesen Drohungen betroffen seien. Eine Reaktion auf die offensicht­lich angespannt­e Sicherheit­slage in der Justiz sei, dass es bei den Gerichten schon seit Längerem Einlasskon­trollen gebe, sagte der Sprecher. Außerdem seien die Gerichte inzwischen mit internen Alarmsyste­men ausgestatt­et worden.

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