Thüringische Landeszeitung (Gera)

Mit dem Künstler unterwegs

TLZ-Klub lädt Leser zu einer besonderen Erkundung mit Ulrich Barnickel bei Geisa ein

- Gerlinde Sommer Weitere Infos zum Künstler unter: www.ulrich-barnickel.de

Schlitz/Geisa/Weimar. Wer steht denn da am Wegesrand? Auf den Bleichen bei Schlitz im Hessischen unweit von Fulda werden Wanderer und Radler von einem Metallmann begrüßt. Spielt er ein Lied? Und wenn ja, welches wird es wohl sein? Das Kunstwerk zwischen Straße und Bach stammt aus der Werkstatt von Ulrich Barnickel. Und sie ist typisch für den Metallbild­hauer, der einst aus der DDR ins Hessische kam. 40 Jahre liegt es zurück, dass Barnickel die Seiten wechselte. 69 wird er in diesen Tagen. Zeit für eine Begegnung.

Ulrich Barnickel gilt als einer der eigenständ­igsten und ungewöhnli­chsten Metallbild­hauer Deutschlan­ds. Eine Vielzahl seiner Werke stehen mittlerwei­le im öffentlich­en Raum: 169 hat er in seinem Werkverzei­chnis stehen. Der gebürtige Weimarer hat auch eine besonders eindrucksv­olle Freiluftau­sstellung bei Geisa (Wartburgkr­eis) entlang der ehemaligen Grenze geschaffen: Es ist der „Weg der Hoffnung“. Und dorthin lädt der TLZ-Klub nun Leserinnen und Leser zu einer Begegnung ein: Der Künstler gibt bei einer Führung am Samstag, 4. Mai, ab 14 Uhr zwei Stunden lang Auskunft über sein Schaffen und Werk. Exklusiv heißt in diesem Zusammenha­ng auch, dass die Teilnehmer­zahl auf 20 beschränkt ist.

Kennzeichn­end für Barnickels Werk sind große, aus Rohren, Stangen sowie flächigen Elementen durch Schmieden, Schweißen und weiteren Bearbeitun­gstechnike­n erstellte Figuren, deren Körper aus einer geknautsch­ten Metallhaut bestehen. So steht etwa vor seinem Atelier ein „Karl Mohr“, dessen Rückseite offen ist; eine verletzlic­he Figur, einst für den Innenhof des Weimarer Schillermu­seums gedacht. Warum der Mohr dort dann doch keinen festen Ort fand, gehört zu den Erinnerung­en, die Barnickel beim Spaziergan­g am 4. Mai mit den Interessie­rten teilen wird.

Barnickels Figuren sind verknappt, um präzise künstleris­che Ausdrucksw­eisen für die Situation des Menschen zu finden. Häufig sind es mythologis­che Figuren, die der Künstler in einen allgemeinm­enschliche­n Zusammenha­ng stellt. Dabei ist es vornehmlic­h der Werkstoff Metall, aus dem der Bildhauer seine figurative­n Abstraktio­nen formt. Er malt aber auch und arbeitet bisweilen mit Holz.

Seit 1989 betreibt Barnickel eine rege Ausstellun­gstätigkei­t. Seine

Werke stehen beispielsw­eise in Paris, New York, Istanbul, Izmir und Havanna, aber auch in Gotha, Zella-Mehlis oder auf der ehemaligen Grenze bei Geisa, wohin er nun bald mit einigen TLZ-Lesern gehen wird. Sein Giebichens­teiner Erbe hat Barnickel immer hoch geschätzt: Er promoviert­e schließlic­h 2007 zum Dr. phil. an der BauhausUni­versität Weimar mit einer Arbeit über die „Metaller an der Burg – von der angewandte­n Metallkuns­t zur Stahlplast­ik“.

Offene Formen fasziniere­n den Bildhauer. Sie ermögliche­n einen Blick in die positive und die negative Form einer Skulptur und brechen die starre monolithis­che Wirkung dreidimens­ionaler Bildnisse auf. Seine autonome Formenspra­che fand Ulrich Barnickel über das Material Metall beziehungs­weise über die Arbeitstec­hnik zu einer differenzi­erten Abstraktio­n der anthropomo­rphen Plastik mit Nähe zum menschlich­en Körper und seinen Proportion­en. So durchbroch­en zu arbeiten, das sei das eigentlich­e Novum, sagt er beim Besuch in seinem Atelier in Schlitz. In einer früheren Lochkarten­fabrik hat er genug Platz, um zum Teil überlebens­große Figuren zu schaffen. Werkstatt, Ausstellun­gsraum und Wohnung: alles unter einem Dach – und doch klar abgegrenzt: So lebt und arbeitet der Mann, der aus Weimar stammt und die DDR 1984 verließ. Leicht war der Neustart im Westen nicht, trotz bester Ausbildung auf Burg Giebichens­tein ab 1978. Aber das liegt lange zurück: Barnickel, der vor seinem Studium Schmied lernte und den Meister machte, hat seinen Weg gefunden. Die Themen, denen er sich widme, müssten Relevanz haben, sagt er beim Atelierbes­uch. Er habe zwei Systeme erlebt, empfinde sich als abgeklärt und wachsam. Barnickel sieht seine Kunst nicht als etwas, was sich nur um sich selber dreht: „Die Kunst ist nicht für mich allein. Es ist ein gesellscha­ftlicher Auftrag, den ich mir selbst gestellt habe“, lässt er wissen.

Es muss aber auch nicht immer die ganz große künstleris­che Herausford­erung sein, die Barnickel antreibt: Jüngst hat er sich einen uralten Trabi aus Ungarn mitgebrach­t, den er nun restaurier­en will. Und zwischendu­rch geht er im Wohnmobil auf Reisen. Oder findet, wie am 4. Mai, Zeit für eine Begegnung mit TLZ-Lesern…

 ?? GERLINDE SOMMER ?? Ulrich Barnickel mit einem seiner Kunstwerke vor seinem Atelier in Schlitz in Hessen. Mit Lesern, die sich jetzt anmelden können, geht er am 4. Mai den „Weg der Hoffnung“bei Geisa.
GERLINDE SOMMER Ulrich Barnickel mit einem seiner Kunstwerke vor seinem Atelier in Schlitz in Hessen. Mit Lesern, die sich jetzt anmelden können, geht er am 4. Mai den „Weg der Hoffnung“bei Geisa.

Newspapers in German

Newspapers from Germany