Thüringische Landeszeitung (Gera)

Raffzähne in Weiß entlarven

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Selbstzahl­erleistung­en bei Arzt „sind privat abzurechne­n und können sich daher positiv auf die Profitabil­ität Ihrer Praxis auswirken“. Oder: „Beteiligen Sie Arzthelfer bei Selbstzahl­erleistung­en direkt am Umsatz. Hier sind die Mitarbeite­r dann in der Lage, Patienten für diese Leistungen zu gewinnen und die Einnahmen zu steigern.“

Diese Tipps finden Ärzte im Netz. Sie stammen nicht nur von Beraterfir­men, sondern auch von ihren Berufsverb­änden. In Kombinatio­n mit der Auffassung vieler Experten, dass der Sinn einer ganzen Reihe medizinisc­her Untersuchu­ngen, die Patienten aus eigener Tasche zahlen müssen, mindestens fragwürdig ist, kann sich das Bild einer gierigen

Zunft ergeben. Da mag es nahe liegen, ein Verbot zu fordern. Das Problem dabei: Die Umsetzung folgt der Devise „Karo einfach“, ist aber unrealisti­sch. Denn wie soll hier unterschie­den werden?

Eine vom Medizinisc­hen Dienst der Krankenkas­sen als tendenziel­l negativ beurteilte Untersuchu­ng ist nicht in allen Fällen Geldmacher­ei. Und für manche Selbstzahl­erleistung­en gibt es einfach zu wenige wissenscha­ftliche Studien, um deren Wert abschließe­nd zu bemessen. Sollen Patienten auch diese nicht mehr in Anspruch nehmen dürfen? Die Regeln für den Verkauf von Selbstzahl­er-Medizin sind eindeutig. Sie setzen auf den mündigen Patienten, der Vor- und Nachteile kennt und sich zutraut, zu entscheide­n. Dass einer repräsenta­tiven Umfrage zufolge aber nur 28 Prozent der erwachsene­n Bevölkerun­g wissen, dass es diese Regeln gibt, ist das wahre Problem. Hier sollte der Patientenb­eauftragte ansetzen, damit Patienten um Raffzähne in Weiß einen Bogen machen können.

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Kai Wiedermann zu ärztlichen Leistungen für Selbstzahl­er

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