Thüringische Landeszeitung (Gera)
„In der Nato herrscht Einigkeit über Bedrohung“
Militärexperte Masala hält derzeitige Truppe für verteidigungsfähig
Herr Masala, wie ist die Lage an der ukrainischen Front?
Sehr kritisch aus Perspektive der Ukraine. Wenn Russland in der Tat in den nächsten Wochen eine neue Offensive versuchen sollte, dann ist es nicht auszuschließen, dass es auch zu Durchbrüchen an einigen Teilen der Front kommt. Denn das grundlegende Problem besteht weiter: Es fehlt den Ukrainern an Munition und Personal.
Charkiw wird verstärkt angegriffen.
Das ist nur logisch, denn Russland geht es im Moment darum, den kompletten Donbass zu erobern. Insofern sind verstärkte Angriffe auf Charkiw folgerichtig.
In welchem Zustand ist die Nato?
Sie ist in einem wesentlich besseren Zustand als in den letzten zehn Jahren, weil sie wieder auf das ausgerichtet ist, wofür sie gegründet wurde – auf die Abwehr einer russischen Bedrohung. In den vergangenen zehn Jahren dominierte etwas, was ich mal Risikodiffusion genannt habe: Die Mittel- und Osteuropäer gucken nach Russland, die Nordeuropäer gucken in die Arktis, die Südeuropäer gucken auf den Mittelmeerraum. Diese Bereiche sind immer noch virulent. Aber im Unterschied dazu herrscht jetzt Einigkeit darüber, dass die Hauptbedrohung für die Sicherheit des Bündnisses aus Russland kommt.
Wie bewerten Sie den möglichen Milliarden-Hilfsfonds für die Ukraine?
Das ist nur ein Teil. Parallel dazu müssen weitere nationale Leistungen aufgebracht werden. Dieser Hilfsfonds ist der Versuch, eine Nato-Unterstützung für die Ukraine zu garantieren, auch wenn Trump gewählt werden sollte. Das Risiko besteht darin, dass wir innerhalb der Nato Staaten wie Ungarn und Slowenien haben, die nicht nur sehr zögerlich an die Hilfen für die Ukraine herangehen, sondern sie eigentlich gern einstellen wollen.