Thüringische Landeszeitung (Gera)
Ex-Führungskraft und zwei Unternehmer angeklagt
Am Landgericht Gera beginnt im Mai ein großer Prozess: Das Verfahren soll Misswirtschaft in der Justiz aufarbeiten
Am Landgericht Gera soll im Mai ein umfangreicher Prozess beginnen. Im Fokus stehen unter anderem eine frühere Führungskraft des Oberlandesgerichtes in Jena und ein Jenaer Unternehmer. Die erste Strafkammer hat nach dem ersten Verhandlungstermin am 25. Mai weitere 33 Prozesstage bis Dezember 2024 angesetzt.
Der Hauptangeklagte war bis Sommer 2019 Referatsleiter beim Thüringer Oberlandesgericht in Jena und damit entscheidungs- und leitungsverantwortlich für das Haushaltswesen, die Personalangelegenheiten und das Beschaffungswesen.
Laut Anklage soll er aufgrund zunehmender Verschuldung vermehrt auf private Darlehen aus seinem Bekanntenkreis zurückgegriffen haben, so auch bei einem befreundeten Jenaer Unternehmer. Hieraus soll sich ab dem Jahr 2012 ein fortgesetzter Austausch von Darlehensgewährungen und Rückzahlungsstundungen einerseits und Auftragsvergaben an verschiedene Unternehmen des Angeklagten andererseits entwickelt haben.
So soll der Unternehmer Leiharbeitskräften zur Verfügung gestellt haben, ohne über die erforderliche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu verfügen. So seien Arbeitsverträge unmittelbar mit
dem Thüringer Oberlandesgericht entstanden, den Mitarbeitern aber die Entgeltdifferenz zum gültigen Tarifvertrag vorenthalten worden.
Der Jenaer Unternehmer soll ein weiteres Geschäft vermittelt und dafür ein monatliches Schmiergeld, insgesamt 17.000 Euro, erhalten haben: Mit diesem Unternehmer soll die OLG-Führungskraft einen Vertrag für Unterstützungs- und Betreuungsdienstleistungen beim Betrieb und der Benutzung von Spracherkennungssoftware zu einem monatlichen Pauschalpreis geschlossen haben. Insgesamt lief diese Geschäftsbeziehung von 2014 bis 2019. Das Verfahren gegen diesen Unternehmer ist gegen die Zahlung von 50.000 Euro endgültig eingestellt worden.
Die OLG-Führungskraft soll zudem ab 2016 Dienstleistungs- und Beratungsleistungen zum Arbeitsschutz ohne Ausschreibung über 220.000 Euro an einen weiteren Firmeninhaber vergeben und im Gegenzug Darlehensbeträge erlassen bekommen haben.
Laut Staatsanwaltschaft soll sich der für den Freistaat Thüringen entstandene Schaden beziehungsweise die konkrete Gefahr von Kostenmehrbelastungen auf mindestens mehrere hunderttausend Euro belaufen. Der Hauptangeklagte soll sich wegen Bestechlichkeit in dreizehn Fällen, davon in sechs Fällen zusammentreffend mit Untreue, und zudem sechs weiteren Fällen von Untreue strafbar gemacht haben. Zudem soll er mehrfach gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verstoßen und sich des Vorenthaltens
und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt strafbar gemacht haben.
Der Jenaer Unternehmer ist wegen Bestechung in zwölf Fällen, davon in fünf Fällen zusammentreffend mit Beihilfe zur Untreue und Beihilfe zur Untreue in zwei weiteren Fällen angeklagt. Zudem soll er mehrfach gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verstoßen und sich wegen Beihilfe zum Vorenthalten und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt strafbar gemacht haben. Der weitere Firmeninhaber ist wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen und einem weiteren Fall der Beihilfe zur Untreue angeklagt.