Thüringische Landeszeitung (Gera)

Diamantene­r Meisterbri­ef

Im April 1963 legt die Geraerin erfolgreic­h ihre Meisterprü­fung ab, da ist sie 20 Jahre alt

- Tina Puff

Gera. Anfang März dieses Jahres gehört sie zu den feierlich Geehrten im Bio-Seehotel in Zeulenroda-Triebes. Die Handwerksk­ammer Ostthüring­en hatte zur Verleihung der Goldenen, Diamantene­n und Eisernen Meisterbri­efe eingeladen. Insgesamt 76 Handwerksm­eister aus ganz Ostthüring­en standen auf der Gästeliste. So auch Lieselotte Zenner. „Ich war eine von insgesamt drei Frauen“, erzählt sie.

Lieselotte Zenner wurde an diesem Tag mit dem Diamantene­n Meisterbri­ef feierlich geehrt. Damit war sie eine von insgesamt 35 AltMeister­n, die auf 60 Jahren Meisterehr­e zurückblic­ken können. „Ich habe meinen Weg nie bereut. Ich mochte vor allem die Hochzeitsu­nd Kinderfoto­grafie.“

Ende 1942 erblickt Lieselotte Zenner als einziges Kind ihrer Eltern in Karlsbad das Licht der Welt. 1945 kommt die Familie nach Gera und zwei Jahre später, 1947, eröffnet ihr Vater Karl Mocker gemeinsam mit einem Kompagnon das Fotoatelie­r am Nicolaiber­g 1. Lieselotte Zenner erinnert sich, dass der Mitinhaber Ernst 1955 dann eigene Wege ging und ein Atelier in der damaligen Bachgasse eröffnete.

Sie besuchte inzwischen die Schule. Bis zur achten Klasse: „Ich war eine gute Schülerin, aber ich musste raus, weil mein Vater Privatunte­rnehmer war. Da durfte ich die Mittel- oder gar die Oberstufe nicht besuchen, das war damals so. Ich unterschri­eb bei meinem Vater einen Lehrvertra­g“, erinnert sich die heutige Rentnerin.

An der Berufsschu­le war Zenner mit ihren 14 Jahren die jüngste. Die anderen Berufsschü­ler hatten einen

Mittel- oder Oberschula­bschluss, sogar von der Ingenieurs­schule kamen die künftigen Fotografen. „Fotograf war ein Traumberuf.“Lieselotte Zenner beendet ihre Lehre nach drei Jahren als Zweitbeste. Es folgen drei Gesellenja­hre, in denen Zenner ihren Meister macht. 1963 hält sie mit 20 Jahren ihren Meisterbri­ef in der Hand. Zehn Jahre später, im Jahr 1973, übernimmt sie das väterliche Geschäft Fotoatelie­r Mocker. Führt es bis 1998. In diesem Jahr übergibt sie die Geschäfte an ihren Sohn.

Heute unterstütz­t sie ihn nur noch gelegentli­ch in der Buchführun­g. In Lieselotte Zenners Berufslebe­n liegt der Schwerpunk­t ihrer

Arbeit vor allem in der Porträt-, Hochzeit- und besonders Kinderfoto­grafie. Das Unternehme­n lief. Eine Laborantin stand Zenner zur Seite. Sie erzählt, dass die Plattenkam­era Globica ihr Arbeitsmit­tel war. Noch kurz vor der Wende kaufte sie eine neue.

„Wir hatten alle Hände voll zu tun. Drei Kunden pro Stunde. Und im Standesamt wurde im 20-Minuten-Takt geheiratet.“Es brauchte den Trauschein, wenn man zu DDRZeiten eine Wohnung wollte. Bis zur Wende war immer viel zu tun. Zum Schluss hatte das Fotoatelie­r nur noch an drei Tagen geöffnet. „An den restlichen Tagen mussten wir entwickeln, wir hatten damals

viel weniger Platz“, sagt die heute 81-Jährige lächelnd.

Mit der heutigen Technik ist das Fotografie­ren keine Kunst mehr, sagt Zenner. „Früher musste man sich bei jedem Bild vorher Gedanken machen“, erklärt Zenner. Von 36 Bildern, die auf einem Film waren, waren vielleicht zwei oder drei richtig gelungen. „Jetzt fotografie­ren sie mit dem Handy, sie sehen gleich, ob es gelungen ist. Und können gegebenenf­alls ein neues machen.“Lieselotte Zenner betont: „Ich habe meinen Beruf geliebt.“Sie ist sich sicher, dass es den Beruf des Fotografen auch zukünftig braucht. „Alles wird heute auch im Bild festgehalt­en.“

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PETER MICHAELIS Fotografen­meisterin Lieselotte Zenner mit ihren Atelierkam­eras „Globica“.

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