Thüringische Landeszeitung (Gera)
Buchenwald- Gedenklauf führt erstmals an besonderen Ort in Gera
Warum sich der Alpenverein Gera zum ersten Mal am Gedenken an den Todesmarsch der Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald zur NS-Zeit beteiligt.
Weit vor dem offiziellen Gedenken an den Todesmarsch der Buchenwald-Häftlinge in Gera am 11. April versammeln sich Mitglieder der Sektion Gera im Deutschen Alpenverein am Stadtrand in Unterröppisch. Ein besonderer Ort mit einer besonderen tragischen Geschichte kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Nazi-Herrschaft im Jahr 1945.
Buchenwald-Häftlinge nackt durch Röppisch getrieben
Über das Geschehen damals vor Ort berichtet Günter Domkowsky als Mitorganisator des jährlichen
Buchenwald-Gedenklaufs. Der Gedenklauf führt - so auch dieses Jahr traditionell von Bad Köstritz über den Küchengarten in Gera mit einer zentralen Veranstaltung bis nach Weida, entlang der großen Straßen, auf denen im April 1945 die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald
entlanggetrieben wurden. Am Gedenkstein in Unterröppisch berichtet Domkowsky nach den Erzählungen eines Augenzeugen aus dem Ort von Häftlingen, die im Buchenwald-Außenlager in Berga und dessen Außenstelle im Steinbruch in Kaimberg für die Kriegsmaschinerie der Nazis im Zweiten Weltkrieg schuften mussten. „Die meisten von ihnen sind Juden gewesen“, sagt er. Durch Unterröppisch seien damals an die 70 Menschen getrieben worden von SA-Leuten in schwarzen Uniformen. Die Häftlinge nackt, mit Holzschuhen an den Füßen, einen großen Karren mit übermannshohen Rädern, auf dem sich die Leichen stapelten, schiebend und zerrend.
Der Geschichtsklitterung vorbeugen
Traditionell beteiligen sich an dem jährlichen Gedenklauf von Bad Köstritz über Gera nach Weida Leichtathleten, der Geraer Stadtsportbund
mit der Sportjugend und der Radfahrclub Solidarität. Die Idee, dass sich auch der Alpenverein beteiligt, kam vom Jugendwart der Sektion Gera, Martin Sonntag. „Wir müssen Kinder und Jugendliche heute auf die schlimmen Begebenheiten von damals und auf den aktuellen politischen Bezug aufmerksam machen und der Geschichtsklitterung vorbeugen“, sagt Daniel Wiesner als langjähriges Mitglied im Alplenverein. Der Teilnehmer am Gedenken hat familiäre Bezüge zu den Gräueln der Nazis, sein Urgroßvater war Halbjude und musste in einem Arbeitslager schuften. Seine Oma habe noch den gelben Stern tragen müssen. Zur Erinnerung
an ihn und seine Leidensgenossen seien in der alten Heimat in Naumburg Stolpersteine verlegt worden.
Dunkles Kapitel in der Vereinsgeschichte
Auch der Alpenverein hat ein dunkles Kapitel in seiner Geschichte, berichtet Wiesner. Antisemitismus, die Arisierung des Vereins und damit der Ausschluss der Juden hätten weit vor dem Machtantritt der Nazis begonnen. Vor 100 Jahren, im Dezember 1924, war die Sektion Donauland, in der sich nichtarische Mitglieder zusammengefunden hatten, aus dem großen Verein ausgeschlossen worden.