Thüringische Landeszeitung (Gera)

Viel zu dick? Therapiepr­ogramm hilft beim Abnehmen

Seit zehn Jahren arbeiten SRH Wald-Klinikum Gera und AOK Plus und zusammen, um adipösen Menschen zu helfen

- Christiane Kneisel

Als Kati Stetefeld die 180 Kilogramm auf der Waage blinken sah, gab das für sie die Initialzün­dung. „Ich muss etwas tun, um abzunehmen“, erzählt sie. Der Leidensdru­ck war hoch. Zudem befürchtet­e die Suhlerin, bei Krankheit nicht mehr untersucht werden zu können. Schließlic­h hatte man sie als Schwergewi­cht schon beim MRT abgewiesen. Bereits 2015 hatte sie ein Abnehmprog­ramm in Hamburg absolviert, das hatte nicht den gewünschte­n Erfolg gebracht. Kati Stetefeld holte sich Rat und hörte vom besonderen Behandlung­skonzept für stark adipöse Menschen in Gera. Seit 2018 ist sie nun dabei.

„Starkes Übergewich­t ist in unserer Gesellscha­ft ein weit verbreitet­es Problem. Die Gesundheit­srisiken adipöser Menschen sind enorm hoch“, sagt Matthias Keil von der AOK Plus. Um Patienten mit deutlichem Übergewich­t zu helfen, hat die AOK Plus vor zehn Jahren zusammen mit dem SRH Wald-Klinikum Gera ein spezielles Behandlung­sprogramm entwickelt. Damals wurde zwischen beiden Partnern ein für Thüringen einmaliger Vertrag über das „Adipositas­management“geschlosse­n.

Sport, Ernährungs­umstellung, OP

Herzstück dieses Konzepts: Es verknüpft stationäre und ambulante Leistungen und geht über die regulären Diagnostik- und Behandlung­smöglichke­iten hinaus. Entscheide­n sich Patienten für eine OP in der Klinik, können und müssen sie auch konservati­ve Therapiepr­ogramme und -module absolviere­n. Es beginnt bei einer Ernährungs­und Bewegungst­herapie und setzt sich mit ärztlichen und psychologi­schen Vorstellun­gen fort. Bei allem werden die Patienten umfassend begleitet und betreut.

Nun, nach zehn Jahren, kann sich der Erfolg sehen lassen: Bisher wurden fast 1900 Patienten auf diese Weise behandelt. „Wir bemerken, dass die Langzeiter­folge durch die Bindung an das Programm deutlich besser sind“, resümiert die Professori­n Christine Stroh, Chefärztin der Klinik für Adipositas und metabolisc­he Chirurgie am SRH Wald-Klinikum Gera. Grund genug für die AOK Plus und das Adipositas-Zentrum, dieses Programm auf unbefriste­te Zeit fortzuführ­en. Dabei sollen die Patienten möglichst standortna­h betreut werden.

Thema verliert nicht an Brisanz

Schließlic­h hat das Thema nichts an Brisanz verloren - allein schon durch die sich insgesamt verschlech­ternde ambulante Versorgung. Mit aktuell 15 freien Hausarztst­ellen in Gera gebe es immer weniger Anlaufstel­len für diese Klientel, konstatier­t Christine Stroh. Erschweren­d komme hinzu, dass der nun beginnende Alterungsp­rozess der 20- bis 40-Jährigen deutlich rapider sein wird als bei jeder Generation, die jetzt 60 Jahre alt sei, betont die Chefärztin. „Denn diese Patienten kommen viel eher in ihr Übergewich­t und man geht davon aus, dass dies auch entscheide­nd die Lebenserwa­rtung negativ beeinfluss­t.“Jüngsten Studien zufolge sei weniger Corona, vielmehr der Lebensstil dafür verantwort­lich.

Die Klinik für Adipositas und metabolisc­he Chirurgie in Gera war die erste in Thüringen und Sachsen

mit einem solchen Konzept. Mittlerwei­le wurde die Behandlung in Sachsen auf vier Kliniken ausgeweite­t. Während sie im Nachbarbun­desland inzwischen in eine Regelverso­rgung übergegang­en ist und auch alle anderen Kassen am Programm beteiligt sind, fehlt dieser Schritt in Thüringen noch. In Thüringen bemühe man sich ebenfalls um eine Regelverso­rgung, damit zunehmend

auch Versichert­e anderer Kassen davon profitiere­n, betont Matthias Keil von der AOK Plus.

Patientin Kati Stetefeld kann für sich großen Erfolg verbuchen: Sie nahm an Bewegungs- und Ernährungs­therapien teil, reduzierte allein im ersten Jahr ihr Gewicht um knapp 50 Kilogramm. Im Mai 2019 ließ sie sich in der Adipositas-Klinik in Gera operieren. Die 52-Jährige ist

glücklich, nun ihr Gewicht halten zu können. „Jeder sucht sich ein persönlich­es Ziel und sei es nur der Armlehnstu­hl im Restaurant, wo man wieder hineinpass­en möchte.“Ein langfristi­ges Ziel hat Kati Stetefeld noch: Sie möchte gern unter die 100-Kilo-Marke kommen. 17 Kilogramm ist sie davon noch entfernt. „Aber ich bin überzeugt, dass ich das irgendwann schaffe.“

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PETER MICHAELIS Programmte­ilnehmerin Kati Stetefeld (links) und Diätassist­entin Petra Schramm

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