Thüringische Landeszeitung (Gera)
Hopfe gegen Raffke: Bürgermeister bringt Schärfe in den Wahlkampf
Der scheidende Weidaer Rathauschef wirft einem Kandidaten Unehrlichkeit vor
Weida. Diese Breitseite kam überraschend nach der sachlichen Diskussionsrunde der drei Weidaer Bürgermeisterkandidaten vorige Woche. Auch kam sie aus unerwarteter Richtung – und hat ein Nachspiel.
Heinz Hopfe (FWG), Bürgermeister der Osterburgstadt, tritt zur Wahl am 26. Mai altersbedingt nicht wieder an und war in der Stadtratssitzung am Donnerstag gerade am Ende seiner Sechs-JahresBilanz angelangt, als er noch die Kandidatenrunde ansprach. Er sei für ihn unverständlich, dass nicht alle Bewerber bei ihrer Vorstellung die Wahrheit sagten. Ein Kandidat habe sich als Unternehmer, noch dazu erfolgreich, dargestellt, obwohl dieser nach einer Insolvenz gar nicht mehr selbstständig sei. Einen solchen Kandidaten kann er nicht unterstützen, so Hopfe.
Kommunalaufsicht reagiert umgehend
Auch wenn der Bürgermeister keinen Namen nannte, war der Adressat klar. Und dem bisweilen impulsiven CDU-Stadtrat und Bürgermeisterkandidaten Gunnar Raffke war anzusehen, dass er innerlich brodelte. Äußerlich blieb er ruhig, auch, weil er eine solche Attacke irgendwann erwartete, wie er nach der Sitzung sagte. In der Sitzung sprang ihm aus dem Publikum der Weidaer Unternehmer Torsten Schwengber zur Seite, der für die CDU für den neuen Stadtrat kandidiert. Es sei „unverschämt“und für ihn „juristisch arg bedenklich“, dass sich ein zur Neutralität verpflichtetes Stadtoberhaupt so in den Wahlkampf einmischt. Auch Konrad Zorn, Steinsdorfer Ortsteilbürgermeister und Stadtrat der „Wählergemeinschaft Weidaer Umland“, kritisierte Hopfe auf seine ihm eigene Art: Mit einem höhnischen „Bravo!“nach Hopfes Rede und damit, dass er am Ende der letzten Sitzung der Legislatur als einziges Ratsmitglied das Blumenpräsent des Bürgermeisters für alle Stadträte ablehnte.
Gunnar Raffke nahm trotz des „Vorspiels“diesen Blumengruß mit einem angestrengten Lächeln entgegen – eine surreale Szene. Dass er das Ganze nicht auf sich sitzen lassen wird, erklärte er am Morgen danach. Er habe mit einigen empörten Unterstützern geredet und spricht von „Amtsmissbrauch“. Raffke
wollte noch am Freitag die Kommunalaufsicht des Landkreises Greiz einschalten. Und die reagierte prompt. In einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, wird das die Aussage Hopfes gerügt. Er wird ermahnt, sich bis zum Ende der Kommunalwahl 2024 in amtlicher Funktion nicht mehr parteiergreifend zugunsten oder zulasten eines Kandidaten zu äußern. Verstöße gegen die Neutralitätspflicht könnten dazu führen, dass die Wahl im Zuge einer Anfechtung für ungültig erklärt werden könnte. Für die daraus entstehenden Kosten könnte Hopfe persönlich haftbar gemacht werden, heißt es im Schreiben der Kommunalaufsicht, dass bis Montag allen Stadtratsmitgliedern zuzuleiten sei. Laut Kommunalaufsicht handelte es sich um eine amtliche Äußerung, die im Teil „Bericht des Bürgermeisters“erfolgte und auch nicht als Privatmeinung klargestellt wurde.
Raffke spricht über Insolvenz – allerdings nicht in der Runde
Etwas Ehrenrühriges sei eine Insolvenz nicht, sagt Gunnar Raffke. Angesprochen hat er sie in der Diskussionsrunde trotzdem nicht. Dort sagte er, dass er die 1995 von ihm gegründeten Druckerei Raffke in Weida nach der Investition im Aumatalweg
2003 dort weiterführte, „erfolgreich bis heute“– nachzuhören im Videomitschnitt bei Youtube.
Rein rechtlich, betont er im Gespräch mit unserer Zeitung, sei er nach wie vor Inhaber der Druckerei Raffke, auch wenn es die Insolvenz gab und auch wenn er das Gewerbe zwischenzeitlich ab- und seine Frau es angemeldet habe. Auch in der Praxis führe der gelernte Drucker das Unternehmen zusammen mit seiner Frau.
Zu Beginn der Corona-Zeit sei auch bei ihm ein Auftragsrückgang eingetreten, sodass er mit einem Kreditinstitut die Aussetzung von Darlehensraten verhandelt habe. Weil er in einer chaotischen Zeit die Abgabefrist für Unterlagen aber um ein paar Tage überzogen habe, platzte die Absprache und der Kredit wurde fällig, sagt er. Er habe in der Folge den Rat bekommen, Insolvenzantrag zu stellen. Die Firma lief trotzdem wirtschaftlich weiter. Da ein anderer Kredit bei einem weiteren Geldhaus mit privater Unterstützung eines Freundes bedient werden konnte und vor Gericht die andere Bank keine Forderung mehr erhoben hätte, war laut Raffke das Insolvenzverfahren ein Dreivierteljahr nach Eröffnung erledigt.
Er habe Maschinen und Immobilien
wieder übernehmen dürfen, sie befinden sich nach wie vor in seinem Eigentum, weshalb er weiter Inhaber der Druckerei sei, die nach seinen Aussagen weiter gut laufe. Sein Gewerbe habe er dennoch damals abgemeldet und seine Frau habe es angemeldet, aus versicherungstechnischen Gründen und wegen des „Makels der Insolvenz“, der eine künftige Kreditaufnahme erschweren könne.
Scheidender Bürgermeister ist mit sich im Reinen
Heinz Hopfe betont auf Nachfrage, dass er sowohl den Rahmen für seine Kritik als auch seine Worte sehr wohl überlegt habe und im Rückblick auf seine Amtszeit eben auch die Kandidatenrunde zusammenfasste. Die sei gut gewesen, hatte aber den angesprochenen Makel, dass für ihn ein Kandidat für einen solchen hohen Posten offen, ehrlich und wahrheitsliebend sein und auch Misserfolge ansprechen können muss. „Ich habe mich immer zurückgehalten, auch wenn ich von anderen Seiten teils scharf und primitiv angegangen wurde.“Hier aber habe er seine Meinung über seinen Anspruch an einen Kandidaten für das Bürgermeisteramt ausdrücken müssen.