Thüringische Landeszeitung (Gera)
Puppenbauerin begrüßt Gäste im Geraer Mittelalter
Zum dritten Mal hat der Verein „Volk von Caraslan“mit Gleichgesinnten eine kleine Siedlung im Hofwiesenpark aufgebaut. Vier ganze besondere Tage
Gera. Harlekina trägt ihr Ebenbild spazieren. Minimi heißt die Puppe, die die Puppenbauerin aus dem Geraer Theater selbst gebaut hat. Mit ihr begrüßt sie am ersten Tag von Historia Caraslan im Hofwiesenpark Besucher und posiert für Fotos. Auch auf Stelzen und mit Jonglage wird sie in den nächsten Tagen zu erleben sein, und in anderen Gewändern. Zum Auftakt hat sie ihre Augen mit je drei Reihen Wimpern geschmückt. „Eine Stunde brauche ich für das Ankleiden schon“, sagt die Kostümierte, die sich freut, quasi vor der Haustür als Performerin dabei sein zu können.
Auftritte mit Hand-Guillotine
Der Gaukler strahlt. Fabian Le Corbeau ist Berufskünstler und hat die weiteste Reise nach Gera zurückgelegt, wie er sagt. Aus Niedersachsen kommt er, aus der Nähe von Bremen. Er ist das erste Mal in der Stadt und freut sich auf zwei bis drei Bühnenprogramme am Tag. Dann darf das Publikum mitzaubern. Seine neueste Nummer ist ein Hexenprozess. Dafür sucht er sich jedes Mal Freiwillige, die keine Scheu vor der kleinen Guillotine haben.
Von der Ostseeküste kommt Immodestia, die voriges Jahr noch als gestiefelte Katze die Besucher umschnurrte. Diesmal lädt sie, engagiert vom Volk von Caraslan, vor allem kleine Gäste zum Zwergenspiel ein. Warum sie wiedergekommen ist? „Das Volk von Caraslan gefällt mir ausnehmend gut. Die Leute sind so liebenswert. Diesem Volk würde man gern angehören wollen“, schwärmt sie.
„Das Volk von Caraslan gefällt mir ausnehmend gut. Die Leute sind so liebenswert. Diesem Volk würde man gern angehören wollen.“Immodestia Besucherin von der Ostseeküste
Backen über dem Holzfeuer
Eingeheizt haben Donnerstagmittag schon Udo und Gisela Ebert aus Saalfeld. Sie backen Zimtplätzchen über dem Holzfeuer in einer Eisenform, die aus der Zeit um 1880 stammt, wie sie berichten. Daneben wedelt weiße Wäsche im Wind und lässt sich durch den Zeltspalt ein „Stroh“-Bett erahnen. „Es ist schön, wenn die Leute fragen und nicht einfach vorbeigehen“, sagt Gisela Ebert, die sich freut, mit ihrem Mann wieder auf dem selben Platz wie im vorigen Jahr zu sein.
Auch ein ehemaliger Geraer ist wieder dabei. Rolf Böhme war 1979 der Liebe wegen nach Anklam gezogen. Als Wikinger ist er nun das zweite Mal zu Gast in Gera. Mit markanten Gewandungen - für jeden der vier Historia-Tage eine. Der 69-Jährige hat eine 21.000 Mitglieder
zählende Internet-Gemeinde mit dieser Leidenschaft innerhalb von vier Jahren aufgebaut und erklärt, dass die Wikinger nicht nur draufgehauen haben, sondern auch Händler und Bauern waren. „Die Hörnerhelme gab es nicht. Die sind eine Erfindung von Richard Wagner“, meint er. Für ihn begann alles mit der Städtepartnerschaft zwischen Anklam und Heide in Schleswig-Holstein, wo er bei Mittelalterfesten
dabei war und angefixt wurde, wie er bekennt. „Wenn man in Gewandung ist, gehört man hier dazu. Dann wird es familiär. Das ist ein schönes Gefühl“.
Historia Caraslan 2024: 9. bis 12. Mai im Veranstaltungsoval im Hofwiesenpark. Donnerstag bis Samstag 11 bis 22 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr. Wer mit Gewand kommt, erhält zwei Euro Rabatt auf den Eintrittspreis; www.caraslan.de