Thüringische Landeszeitung (Gera)
Abenteuer zwischen Mehl und Mühlstein
Seit 1729 ist die Hütermühle in Endschütz im Familienbesitz der Heinolds. Heute mahlt sie nicht mehr, klappert aber für Besucher
Die Inschrift über der Eingangstür der Mühle weist noch heute auf ihren Namensgeber und Stamm-Besitzer hin: „Hans Georg Heinold 1729”. Er musste den Brand der ursprünglichen Mühle erleben, baute sie wieder auf - und vererbte sie seinen Nachfahren.
Mittlerweile nennen Lars Heinold und seine Söhne Max und Ben in 12. und 13. Generation die Hütermühle ihr Eigen. Zum Mühlentag 2024 haben sie nach langer, auch Corona bedingter, Pause die historische Mühle geöffnet und erklären vielen neugierigen Gästen die Arbeitsweise und das Müllerhandwerk aus vergangenen Zeiten.
Vom Mehl zum Futtermittel
Lars Heinolds Großvater Günter hat bis 1990 die Mühle betrieben. „Da war er selbst schon Rentner“, erklärt Lars Heinold. Bei dem Altmüllermeister ging auch Lars‘ Vater Ludwig - heute 83 Jahre - und dessen Bruder in die Lehre. Bis zum Jahr 1975 wurde in der Mühle Getreide zu Mehl vermahlen, danach nur noch zu Futtermittel verarbeitet.„Hier war stets viel Leben und für uns Kinder bedeutete es Aben
teuer. Hat Opa Getreide abgeladen, halfen wir oft mit. Überhaupt war der Mühlbetrieb eine spannende Sache für uns. Allerdings durften wir bei Opa nie allein in die Mühle. Er hielt es für zu gefährlich, wenn wir irgendwo herumkrochen. Auch die Kundschaft musste draußen warten. Da achtete er streng darauf, denn es war schließlich ein Betrieb“, erinnert sich Lars Heinold.
Schmunzelnd erzählt er auch von Hosentaschenkontrollen. „Da sollten wir Kinder die Taschen ausräumen
und der Großvater sah nach, ob wir Streichhölzer dabei hatten“, so Heinold mit Verweis auf das hölzerne Innenleben der Mühle. Und er erinnert sich an ein Versteckspiel unter den Mehlsäcken: „Normalerweise lagen alle Säcke exakt gefaltet an ihrem Platz. Nachdem ich mich in einem versteckt hatte, legte ich den Sack wieder zusammen, aber Opa merkte es natürlich. Auf Anhieb sah er, dass jemand von uns Kindern das Teil in der Hand hatte.“Kaputte Säcke wurden übrigens von Oma noch gestopft und geflickt - und dann mit einem unverwechselbaren Heinold-Stempel versehen.
Hochwasser zerstörte Wasserrad
Unter Großvaters Aufsicht hat Lars Heinig häufig die Mühle mit gesäubert. „Wir kehrten oder putzten aus, weil wir Kinder besser in die Ecken kamen. Opa stellte uns an und wir mussten folgen. Er war eben der Chef“, meint Heinold lachend. Als Dankeschön für das Putzen hätte es dann von Oma Kuchen oder etwas anderes Leckeres zu essen gegeben. Gern denkt Lars Heinold an all diese Momente zurück und verrät: Großvater hätte schon gerngesehen, wenn auch er Müller geworden wäre. Von Berufswegen ist er nun Landwirt. Doch mit dem Schaubetrieb der Hütermühle hält er die alte Familientradition lebendig und gibt sie auch gern weiter.
Als durch das Hochwasser 1975 der Mühlgraben und das Wasserrad zerstört wurden, stellte Familie Heinold die Mühle auf Elektroantrieb um. Das originale Mahlwerk funktioniert bis heute.
Wie im Einzelnen der Mahlbetrieb auf drei Ebenen erfolgte, wozu Mahlsteine, Trichter, Siebe, Lederriemen genutzt wurden, wie das Mehl in die Säcke kam und zu den Kunden gelangte, schildert und zeigt Lars Heinold vielen neugierigen Gästen zum Mühlentag. Tags zuvor hatte der Besitzer alle beweglichen Teile noch einmal gut geschmiert und einen Probelauf im Industriedenkmal gestartet. Und selbst ohne Mahlgut wird die klappernde Mühle zum großartigen Erlebnis.
Vor der Hütermühle unterstützt der Feuerwehr- und Heimatverein Endschütz bei der Verpflegung der vielen Besucher und trägt für das Gelingen des Mühlentages bei.