Thüringische Landeszeitung (Gera)
Toni Kroos macht Schluss
Nach der Heim-EM beendet der 34-jährige Fußballstar etwas überraschend seine Karriere
Madrid/Köln. Für die „schwerste Entscheidung in meinem Leben“trommelte Toni Kroos den Familienrat zusammen. Nach intensiven Gesprächen mit seiner Frau Jessica und den Kindern Leon, Amelie und Fin verkündete der Weltmeister von 2014 nun wie aus heiterem Himmel das Ende seiner glanzvollen Karriere nach der Heim-EM im Sommer.
„Ich bin glücklich und stolz, dass ich in meinem Kopf den richtigen Zeitpunkt für meine Entscheidung gefunden habe und selbst entscheiden konnte“, teilte der 34-Jährige mit. „Ich wollte immer auf dem Höhepunkt meines Schaffens gehen. Jetzt ist gefühlt ein Zeitpunkt, der sich irgendwie perfekt anfühlt.“
Wie erfolgreich der Abschied wird, entscheidet sich in den nächsten Wochen. Mit Real Madrid steht Kroos im Finale der Champions League am 1. Juni im Londoner Fußball-Tempel Wembley gegen Borussia Dortmund. Kroos könnte den Henkelpott zum sechsten Mal in die Höhe recken. Es sei noch einmal „ein riesengroßes Ziel“für ihn, „in Wembley das Ding zu holen“.
Auch andere Trophäen heimste Kroos in seiner Laufbahn, die 2007 als Profi bei Bayern München begann, reichlich ein. Nur der EM-Titel war ihm bisher nicht vergönnt. Nach seinem Comeback in der Nationalmannschaft könnte er dies aber zum Abschluss bei der HeimEM (14. Juni bis 14. Juli), seinem siebten großen Turnier, nachholen. „Ich wünsche ihm, dass er seine Karriere erst Mitte Juli beendet und wir noch viele erfolgreiche EMSpiele mit ihm erleben dürfen“, sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler.
Die Form hat Kroos. Seine Entscheidung steht daher auch nicht mit seiner körperlichen Verfassung nach kraftraubenden Jahren im Zusammenhang. „Wenn man Toni Kroos umarmt, er ist wie Stahl. Er hat einen unfassbaren Körper“, schwärmte Bundestrainer Julian Nagelsmann bei der Nominierung
seines EM-Kaders. Kroos, der Mann mit dem Ruhepuls am Ball, sei „körperlich in der besten Verfassung“.
Dennoch schlug Kroos die angebotene Vertragsverlängerung beim spanischen Rekordmeister aus. „Ich wollte nie das Gefühl haben, dass der Verein, die Fans, die Leute drumherum mir sagen müssen: So, jetzt reicht’s“, sagte Kroos in seinem Podcast „Einfach mal Luppen“.
Dabei hätten die Königlichen die Magie von Kroos gerne noch weiter gespürt. Kroos sei einer der größten Spieler in der Geschichte von Real Madrid, betonte Präsident Florentino Perez. Der Verein werde immer seine Heimat bleiben.
Vor zehn Jahren war Kroos in die spanische Hauptstadt gewechselt, nachdem die Bayern seinen Gehaltsforderungen nicht nachkommen wollten. Bei Real fand er sein Glück. Er behauptete sich gegen die namhafte Konkurrenz, als Metronom im Mittelfeld verdiente er sich Respekt und Anerkennung. Umso schwerer fiel ihm seine Entscheidung. Er könne nun „dieses Gefühl nachvollziehen, auf der einen Seite sehr happy und auf der anderen Seite sehr traurig zu sein“, so Kroos.
Traurig ist man auch beim DFB. Nagelsmann konnte sich durchaus vorstellen, mit Kroos auch über die EM hinaus zu arbeiten. Dabei hatten sich zahlreiche Kritiker gefunden, ehe Kroos im März in Frankreich ein starkes Comeback in der DFB-Auswahl nach drei Jahren Unterbrechung gab.
Vor dem Rücktritt will sich Kroos seinen letzten Zielen als Profi widmen. „Ich bin ja noch mittendrin“, sagte er vor den wichtigen letzten Wochen seiner Karriere. Danach habe er noch genug Zeit, um über die Zukunft nachzudenken. „Jetzt bin ich aktiver Fußballer mit riesengroßen Zielen und viel Spaß dabei. Deswegen fühlt es sich gerade wie ein bevorstehender Abschied von Real an, weil es nach Real eben noch zu dem Turnier geht.“