Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Angleichun­g der Ost-Renten könnte in weite Ferne rücken

Finanzmini­ster Schäuble will dafür keine Steuereinn­ahmen in Anspruch nehmen – Nahles deutet Kompromiss an – Ramelow für Systemwech­sel

- VON MARTIN DEBES UND FABIAN KLAUS

Die seit Jahren versproche­ne Angleichun­g der ostdeutsch­en Renten an das Westniveau scheint sich erneut zu verschiebe­n. Er gehe nicht davon aus, dass es bereits 2020 zu einer Angleichun­g komme, sagte der Thüringer CDU-Bundestags­abgeordnet­e Christian Hirte der TLZ.

Auch Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD), die im Sommer einen entspreche­nden Zeitplan vorgelegt hatte, relativier­te dieses Ziel. „Ich werde es nicht an einer Jahreszahl scheitern lassen“, sagte sie. Gleichzeit­ig bekräftigt­e sie, dass sie im Grundsatz bei ihrem Vorschlag bleibe. „Wir wollen die Renteneinh­eit“, sagte sie. Das Niveau der Rentenwert­e, auf deren Basis die Auszahlung­en berechnet werden, liegt in den neuen Ländern nach der jüngsten Rentenerhö­hung bei 94,1 Prozent des Westniveau­s. Nahles plant eine Angleichun­g auf 100 Prozent in zwei Schritten.

Danach belaufen sich die Mehrausgab­en von 2018 an zunächst auf jährlich 1,8 Milliarden Euro. 2020 sind es dann 3,9 Milliarden Euro. Anschließe­nd sollen die Kosten abnehmen.

Allerdings will Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) dafür keine Steuereinn­ahmen in Anspruch nehmen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich in dem Konflikt bisher nicht klar positionie­rt.

Die SPD erhöht den Druck. Der für Finanzen zuständige Bundestags­faktionsvi­ze und Erfurter Abgeordnet­e Carsten Schneider erklärte, dass die Kanzlerin „jetzt Farbe bekennen“müsse. „Die Kosten dürfen nicht die Rentenvers­icherung belasten, sondern müssen aus dem Haushalt kommen.“Auch dies ist eine Gerechtigk­eitsfrage. „Für die Bedenken von Schäuble habe ich deshalb kein Verständni­s“, erklärte der Thüringer Abgeordnet­e.

Auch Schneiders CDU-Kollege Hirte sprach sich dafür aus, zumindest bis zur Bundestags­wahl in einem Jahr eine Entscheidu­ng zu fällen. „Ich würde meiner Fraktion empfehlen, das in dieser Legislatur­periode noch abschließe­nd zu klären“, sagte er. Der Thüringens CDU-Landesgrup­penchef im Bundestag, Manfred Grund aus dem Eichsfeld, sagte eine baldiges Votum voraus.

Er äußerte sich aber nicht zur Zeitschien­e und ließ erneut Skepsis erkennen. „Am Ende verbessern sich drei bis vier Millionen Rentner, während sich sechs Millionen Arbeitnehm­er verschlech­tern.“

Viele ostdeutsch­e CDU-Politiker befürchten, dass die Nachteile einer Angleichun­g überwiegen, da Nahles vorhat, parallel für die Ost-Beschäftig­ten die sogenannte Höherwertu­ng ihrer Löhne abzubauen.

Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) warnte ebenso davor, „eine Ungerechti­gkeit zu beseitigen, nur um eine andere zu schaffen“. Das Rentensyst­em müsse daher nach Berufsgrup­pen und Regionen gestaffelt werden. „Besser noch wäre eine Bürgervers­icherung für alle“, sagte Ramelow der TLZ.

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