Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Angleichung der Ost-Renten könnte in weite Ferne rücken
Finanzminister Schäuble will dafür keine Steuereinnahmen in Anspruch nehmen – Nahles deutet Kompromiss an – Ramelow für Systemwechsel
Die seit Jahren versprochene Angleichung der ostdeutschen Renten an das Westniveau scheint sich erneut zu verschieben. Er gehe nicht davon aus, dass es bereits 2020 zu einer Angleichung komme, sagte der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Hirte der TLZ.
Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die im Sommer einen entsprechenden Zeitplan vorgelegt hatte, relativierte dieses Ziel. „Ich werde es nicht an einer Jahreszahl scheitern lassen“, sagte sie. Gleichzeitig bekräftigte sie, dass sie im Grundsatz bei ihrem Vorschlag bleibe. „Wir wollen die Renteneinheit“, sagte sie. Das Niveau der Rentenwerte, auf deren Basis die Auszahlungen berechnet werden, liegt in den neuen Ländern nach der jüngsten Rentenerhöhung bei 94,1 Prozent des Westniveaus. Nahles plant eine Angleichung auf 100 Prozent in zwei Schritten.
Danach belaufen sich die Mehrausgaben von 2018 an zunächst auf jährlich 1,8 Milliarden Euro. 2020 sind es dann 3,9 Milliarden Euro. Anschließend sollen die Kosten abnehmen.
Allerdings will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dafür keine Steuereinnahmen in Anspruch nehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in dem Konflikt bisher nicht klar positioniert.
Die SPD erhöht den Druck. Der für Finanzen zuständige Bundestagsfaktionsvize und Erfurter Abgeordnete Carsten Schneider erklärte, dass die Kanzlerin „jetzt Farbe bekennen“müsse. „Die Kosten dürfen nicht die Rentenversicherung belasten, sondern müssen aus dem Haushalt kommen.“Auch dies ist eine Gerechtigkeitsfrage. „Für die Bedenken von Schäuble habe ich deshalb kein Verständnis“, erklärte der Thüringer Abgeordnete.
Auch Schneiders CDU-Kollege Hirte sprach sich dafür aus, zumindest bis zur Bundestagswahl in einem Jahr eine Entscheidung zu fällen. „Ich würde meiner Fraktion empfehlen, das in dieser Legislaturperiode noch abschließend zu klären“, sagte er. Der Thüringens CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, Manfred Grund aus dem Eichsfeld, sagte eine baldiges Votum voraus.
Er äußerte sich aber nicht zur Zeitschiene und ließ erneut Skepsis erkennen. „Am Ende verbessern sich drei bis vier Millionen Rentner, während sich sechs Millionen Arbeitnehmer verschlechtern.“
Viele ostdeutsche CDU-Politiker befürchten, dass die Nachteile einer Angleichung überwiegen, da Nahles vorhat, parallel für die Ost-Beschäftigten die sogenannte Höherwertung ihrer Löhne abzubauen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte ebenso davor, „eine Ungerechtigkeit zu beseitigen, nur um eine andere zu schaffen“. Das Rentensystem müsse daher nach Berufsgruppen und Regionen gestaffelt werden. „Besser noch wäre eine Bürgerversicherung für alle“, sagte Ramelow der TLZ.