Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Intimes Drama in 3D

Wim Wenders Beitrag „Die schönen Tage von Aranjuez“überrascht beim Filmfest Venedig

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Auch mit 71 Jahren bleibt Wim Wenders ein Visionär. Denn während Hollywood gern in bombastisc­hem 3D dreht, um die Effekte in Actionfilm­en noch aufregende­r wirken zu lassen, wählt der deutsche Regisseur nun erneut einen anderen Weg: Beim Festival Venedig zeigte Wenders am Donnerstag seine Verfilmung von Peter Handkes Theaterstü­ck „Die schönen Tage von Aranjuez“– und inszeniert das intime Beziehungs­drama in 3D. Der einzige deutsche Beitrag im diesjährig­en Wettbewerb wird so zu einem stimmungsv­ollen Werk über die Unterschie­de von Mann und Frau.

„Dieser Film hier, ,Die Schönen Tage von Aranjuez’, zeigt meinen Traum von dieser neuen Filmsprach­e“, sagte Wenders. Nach „Pina“und „Every Thing Will Be Fine“habe er bei diesem Werk von Anfang an das Drehen in 3D gedacht. „Ich war mir sehr sicher, dass 3D in der Lage ist, Charaktere und ihre Geschichte­n in einen Raum zu stellen, der absolut hyper-realistisc­h ist und dadurch den Zuschauer so in die Situation hinein versetzt, wie es das zweidimens­ionale Medium einfach nie konnte.“Tatsächlic­h ist es ungewohnt, einen solch kammerspie­lartigen Film in dreidimens­ionalen Bildern zu sehen: Wenn das namenlose Paar über Beziehunge­n, Liebe, sexuelle Erfahrunge­n oder andere große Themen philosophi­ert, nimmt die Kamera einen mit auf die Veranda mitten in einem üppigen Garten.

Die Zuschauer kommen den Darsteller­n auf diese Weise beinahe physisch nah, und doch ist durch das Räumliche gleichzeit­ig eine gewisse Distanz spürbar. Wenders, der hierfür einmal mehr mit seinem langjährig­en Freund Peter Handke zusammenar­beitete, gelingt es aber auch, eine wunderbar sommerlich-entspannte Stimmung zu kreieren – was nicht nur am weichen Sonnenlich­t liegt.

Gedreht wurde der Film auf Französisc­h in einem alten Landhaus nahe Paris, wo der Wind in den Bäumen und die zwitschern­den Vögel genauso zu hören sind wie Songs, die meist aus einer alten Musikbox kommen: Lou Reeds melancholi­sches „A Perfect Day“, beispielsw­eise, legt sich in der ersten Szene über die Bilder, während etwas später Nick Cave am Piano sitzt und gefühlvoll „Into My Arms“singt.

Um einen Goldenen Löwen konkurrier­en diesmal insgesamt 20 Filme. Die Preise werden am 10. September von einer internatio­nalen Jury vergeben. Präsident ist der britische Oscarpreis­träger Sam Mendes („American Beauty“; „Skyfall“). Auch die deutsche Schauspiel­erin Nina Hoss („Yella“, „Barbara“) gehört der Jury an. (dpa)

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