Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Auf dem alten Edelhof sollen neue Wohnungen entstehen

Seit 26 Jahren stehen die Gebäude des Guts leer – Die Gemeinde will dem Erbe eine Zukunft geben

- VON LENA DICKGIEßER

1526 erbaute die ansässige Adelsfamil­ie von Hopfgarten ein Rittergut auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Mechterstä­dt. Zwei Gebäude, in der Mitte durch einen Quergang verbunden, dienten den Gutsherren von Hopfgarten und von Gräfendorf­f als Anwesen. Erwähnt wird der Ort bereits um 770. Der ursprüngli­che Besitzer war die Familie Reckrodt.

Das Land um den Edelhof herum gehörte ebenfalls zum Besitz der Familien und wurde von ihnen bewirtscha­ftet. In einem Gebäudetei­l, dem sogenannte­n Steinhaus, waren die Dienerscha­ft und Arbeiter untergebra­cht. Im Erdgeschos­s befand sich ein Pferdestal­l. Im anderen Teil lebten die Gutsbesitz­er. Das Gut verfügte über eine Destilleri­e, Getreidemü­hle und eine eigene Schmiede.

Im Jahr 1830 verpachtet­e der Gutsherr von Gräfendorf­f das Anwesen an Pächter. Später gingen die Gebäude in den Besitz der Gemeinde Mechterstä­dt über. „Noch bis 1950 bestand der größte Teil der Gebäude aus Wohnungen. Die letzte Mieterin verstarb 1990“, berichtet Gerald Büchner (78), Vorsitzend­er des Traditions­vereins im Ort.

Jetzt steht der Hof leer. Für die Öffentlich­keit ist das Grundstück nicht zugängig und kann nicht besichtigt werden. Eine einzige Ausnahme gibt es jedes Jahr für einen Tag. Am Tag des offenen Denkmals, der dieses Jahr am Sonntag, 11. September, stattfinde­t, kann der Edelhof von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Von außen mag es nicht sofort so scheinen, doch befinden sich im Innern des Gebäudes noch Zeugen aus der Zeit, als der Hof das Zentrum des Ortes bildete. „Aus einer Untersuchu­ng der Fundamente ging hervor, dass der Hof vermutlich auf den Grundmauer­n eines alten Klosters gebaut wurde“, erzählt Büchner. Der Ingenieur leitet in Mechterstä­dt ein eigenes Büro und beschäftig­t sich nebenher mit der Geschichte seines Heimatorte­s.

Im ersten Stockwerk des Steinhause­s ist die Struktur der Wohnungen noch erkennbar. Ein Gang mit Türen auf der rechten und linken Seite. Hinter diesen befinden sich leerstehen­de Zimmer. In manchen hängt noch ein Waschbecke­n oder Spiegel. Einzelne Räume und den ehemaligen Vorratskel­ler des Steinhause­s nutzt der Traditions­verein für Veranstalt­ungen oder bewahrt in ihnen Stücke zur Geschichte des Dorfes auf.

Unter dem Dach des Gebäudes erkennt man die Struktur des Dachstuhls noch gut. Ein sogenannte­s Sprengwerk mit lastentrag­enden Streben unter dem Dach. Eine Besonderhe­it ist das historisch­e Deckengemä­lde im Steinhaus. Weinreben geben hier Aufschluss über die Arbeiten am Hof. „Es ist sehr schade, dass wir das Gebäude momentan noch nicht anders nutzen können. Doch die Gemeinde berät momentan über die Möglichkei­t einer anderen Verwendung“, sagt Büchner.

Wie in vielen anderen kleinen Orten auch werde die Bevölkerun­g in Mechterstä­dt immer älter. Wer nicht mehr alleine wohnen kann, müsse aus dem Ort wegziehen und in Wohneinric­htungen in Waltershau­sen oder Gotha einen Platz suchen.

Direkt im Ortskern von Mechterstä­dt soll, so ist es der Wunsch der Gemeinde, aus diesem Grund ein Ort für altersgere­chtes Wohnen entstehen. Allerdings ist dies nicht so einfach möglich, weiß Büchner: „Es müssen viele Vorschrift­en eingehalte­n werden, was auf der einen Seite den Denkmalsch­utz betrifft und auf der anderen Seite die Vorgaben für solche Wohneinric­htungen. Vieles kann momentan noch nicht unter einen Hut gebracht werden und befindet sich noch in der Planung.“

Als Beispiel nennt er die Treppe des Steinhause­s, die in die erste Etage führt. Sie müsse bei baulichen Veränderun­gen in ihrem jetzigen Zustand erhalten bleiben. Das sei nur möglich, wenn die Treppe an einen anderen Ort gebracht werde. Im ersten Geschoss sind die Böden das Problem: „Diese sind sehr uneben und müssten für eine solche Nutzung erneuert werden“, so Büchner. Er hofft, wie viele in Mechterstä­dt, dass die Historie des Ortes in Zukunft bewahrt wird und gleichzeit­ig einem aktuellen Zweck dienen kann.

Mittelalte­rliches Gut im Zentrum des Ortes

 ??  ?? Zentral im Ortskern gelegen: Der Edelhof liegt noch nicht mal einen Steinwurf von der Marienkirc­hen entfernt. Hier zu sehen ist das im 16. Jahrhunder­t erbaute Steinhaus. Hier war Vieh und Personal des Gutsherren untergebra­cht. Fotos: Lena Dickgießer (3)
Zentral im Ortskern gelegen: Der Edelhof liegt noch nicht mal einen Steinwurf von der Marienkirc­hen entfernt. Hier zu sehen ist das im 16. Jahrhunder­t erbaute Steinhaus. Hier war Vieh und Personal des Gutsherren untergebra­cht. Fotos: Lena Dickgießer (3)
 ??  ?? Ingenieur Gerald Büchner (78) am Eingang des Herrenhaus­es des Edelhofs. Der Traditions­verein Mechterstä­dt nutzt die Räumlichke­iten teilweise für Veranstalt­ungen.
Ingenieur Gerald Büchner (78) am Eingang des Herrenhaus­es des Edelhofs. Der Traditions­verein Mechterstä­dt nutzt die Räumlichke­iten teilweise für Veranstalt­ungen.
 ??  ?? Im Steinhaus werden in den ehemaligen Wohnungen jetzt stille Zeitzeugen der Ortsgeschi­chte von Mechterstä­dt aufbewahrt.
Im Steinhaus werden in den ehemaligen Wohnungen jetzt stille Zeitzeugen der Ortsgeschi­chte von Mechterstä­dt aufbewahrt.

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