Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Sehnsucht nach dem Frieden

Das letzte Konzert im Gothaer Orgelzyklu­s dieses Jahres mit dem Vocalkreis Gotha und Jens Goldhardt erklang in der Margarethe­nkirche

- VON HORST GRÖNER

Eine gelungene Mischung von traditione­ller und moderner Musik, von Vokalmusik und Orgelwerke­n brachte das letzte Konzert im diesjährig­en Gothaer Orgelzyklu­s in der Margarethe­nkirche. Am Abend vor dem Weltfriede­nstag, der am ersten September zur Erinnerung an den Ausbruch des Zweiten Weltkriege­s 1939 begangen wird, sollte das Thema „Verleih uns Frieden“den Rahmen für das Programm abgeben, wie Pfarrer Jochen Franz in seiner Begrüßung betonte.

Begleitet von Jens Goldhardt an der Orgel, sang der Vocalkreis Gotha unter der Leitung von Andreas Pawella zunächst die Choralkant­ate „Verleih uns Frieden gnädiglich“von Felix Mendelssoh­n Bartholdy (18091847). In einer wunderbare­n Steigerung setzten die zwölf Sängerinne­n und Sänger des Vocalkreis­es wortverstä­ndlich und klangschön Mendelssoh­ns Musik in den Kirchenrau­m, ebenso wie die beiden folgenden a cappella gesungenen Motetten „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“und „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren“.

Goldhardt spielte sodann an der Schuke-Orgel eine schlicht gehaltene barocke Choralbear­beitung von Dietrich Buxtehude (1637-1707) zu „Mit Fried und Freud fahr ich dahin“, wobei er den einzelnen Variatione­n durch verschiede­nfarbige Registrier­ung ein ausdruckss­tarkes Gesicht vermittelt­e. Von der Renaissanc­e geprägte Musik sang der Vocalkreis anschließe­nd mit dem „Verleih uns Frieden gnädiglich“des Böhmen Balthasar Resinarius (1486-1544); wie in einem Prozession­szug schritten die Sänger dabei zu den schwebende­n Klängen ihres Gesangs vom Altarraum durch die Kirche. Die Orgel griff am Liedende die Musik auf und führte sie als freie Improvisat­ion weiter, bis der Chor die Orgelempor­e erreicht hatte und dort den Choral zum Abschluss brachte.

„Orgel-Meditation­en zur Schöpfungs­geschichte“des in Niedersach­sen wirkenden Ralf Grössler (geb. 1958) gaben Jens Goldhardt Gelegenhei­t, die Orgel von einer völlig anderen musikalisc­hen Seite vorzuführe­n. Den vier Teilen „Sehnsucht als Grundlage der Schöpfung“, „Das Licht macht lebendig“, „Überschwän­gliche Freude am Leben“und „Angst vor der Verantwort­ung um den Erhalt der Schöpfung“lag jeweils ein Choral zugrunde, der in swingender, verjazzter und rockiger Musiksprac­he verarbeite­t wurde.

Von dumpfen Bässen über silbrige Register, zu denen die Orgel gleichsam die Engel tanzen ließ, und jubilieren­dem „Christ ist erstanden“bis hin zu depressive­n Tonfolgen und deren Auflösung in tiefer, beseelter Ruhe zog der Organist meisterlic­h alle Register seines großen Könnens.

Den krönenden Abschluss dieser Abendstund­e bildete die Uraufführu­ng einer Choralfant­asie „Verleih uns Frieden gnädiglich“ der in Gotha wirkenden Musikpädag­ogin und Komponisti­n Katrin Gerth (geb. 1966). Im Wechsel von Chor, SoloSopran und Orgel zeigte dieses Werk eine heutige Musiksprac­he wie auch Choralbear­beitungen in klassische­r Vertonung. Der Vocalkreis bewies, dass er auch diese Stilelemen­te aufs Beste beherrscht­e, und die Solistin Anna Löbner setzte ihre klare, auch in der Höhe sichere Sopranstim­me gekonnt über den Klang des Chores.

Lang anhaltende­r, kräftiger Beifall dankte allen für ein hinreißend­es Musikerleb­nis. Der Chor im Altarraum mit Jens Goldhardt an der Truhenorge­l revanchier­te sich mit einem „Look at the world“(„Blick auf die Welt“).

 ??  ?? Der Vocalkreis Gotha unter der Leitung von Andreas Pawella brachte zusammen mit der Sopranisti­n Anna Löbner und Jens Goldhardt an der Orgel die Uraufführu­ng der Choralfant­asie „Verleih uns Frieden” der Gothaer Komponisti­n Katrin Gerth. Foto: Horst Gröner
Der Vocalkreis Gotha unter der Leitung von Andreas Pawella brachte zusammen mit der Sopranisti­n Anna Löbner und Jens Goldhardt an der Orgel die Uraufführu­ng der Choralfant­asie „Verleih uns Frieden” der Gothaer Komponisti­n Katrin Gerth. Foto: Horst Gröner

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