Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Volk hat die Verantwortung
Regierende legen den Bürgern Fesseln an
Zum Gastbeitrag „Was für Volksabstimmungen können wir brauchen?“(TLZ vom 27. August) von Werner J. Patzelt, Politikwissenschaftler an der TU Dresden, über mehr Bürgerbeteiligung bei wichtigen politischen Entscheidungen schreibt TLZLeser Dangino Märten aus Gerstungen unter anderem:
Meine Frage an den Verfasser wäre die, nach den Beeinflussbarkeiten der Volksabstimmungen durch Sachreferenten, die sich mir so nicht stellt. Vielmehr wird aktuell mit steigender Intensität durch die Lobbyisten Einfluss auf die Politik genommen.
Aber konstruieren wir mal ein Beispiel: K&S will seine Abwässer entsorgen und zwar so, dass die Allgemeinheit die Kosten übernimmt, aber die Gewinne im Konzern verbleiben. Die Folge ist, dass sogenannte Lobbyisten oder auch Firmenvertreter in den Bundestagsbüros erscheinen, um den „Volksvertretern“die Vorstellungen des Konzerns nahezubringen. Damit das auch so klappt, werden bestimmte Belohnungen für die Politik ausgehandelt.
Das alles geschieht natürlich ganz geheim. Dies steht aber nur als ein Beispiel stellvertretend für viele Tausend, denn bei nachweislich 1000 Lobbyisten, die sich täglich in den Büros im Bundestag herumdrücken, ist diese Praxis an der Tagesordnung und wird von allen Parteien genutzt, von allen! Somit kann man eigentlich auch behaupten, dass „Demokratie“ein Vertuschungsinstrument der herrschenden und eigentlich gewählten Volksvertreter ist und gleichzeitig auch eine Beruhigungspille für die Wähler. So die Praxis. Aber was besagt der Begriff Demokratie denn eigentlich? Macht und Regierung geht vom Volke aus.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass die Macht für eine begrenzte Zeit und im begrenzten Umfang auf Wenige übertragen wird. Vertreten diese des Wählers Stimme nicht mehr, entscheidet das Volk mit all seinen universellen Willensbekundungen und Befugnissen. Wenn hier etwas schädlich ist an bestimmten Spielformen der direkten Demokratie, dann das, dass die Regierenden dem einzig wahren Legitim und Repräsentanten der Macht Hürden aufstellt, ja sogar zuweilen Fesseln anlegt, um dem Ideal der Volksherrschaft, der Demokratie, zu entsprechen.
Verantwortung wird also nicht an das Volk delegiert, denn es hat sie bereits in vollem Umfang. Das Volk holt sich von den übertragenen Aufgaben an die Volksvertreter nur einige wieder zurück. So muss es richtiger Weise lauten. Aber es wäre natürlich schon fast ketzerisch, wenn Politikwissenschaftler im Dienste einer Technischen Universität die Aufgaben von Firmenvertretern näher beleuchten würden, um so die Interessenspolitik für die Arbeitgeber, Banken und Behörden bloßzustellen.
Damit habe ich zwar die Frage aus meiner Sicht gleich beantwortet, denke aber, damit der Tatsache näher gekommen zu sein, wie der Politikwissenschaftler Werner Patzelt.