Thüringische Landeszeitung (Gotha)
10 der 44 Landtagswahlkreise sollen neu zugeschnitten werden
Parlamentspräsident kritisiert Innenminister wegen „mangelhafter Transparenz“und fordert fraktionsübergreifende Initiative
Parlamentspräsident Christian Carius (CDU) kritisiert das eigenmächtige Vorgehen der rot-rot-grünen Landesregierung bei der Neueinteilung der Landtagswahlkreise. Einem Bericht des Innenministeriums zufolge sind 10 der 44 Wahlkreise davon betroffen. Bis April muss das Wahlgesetz durch den Landtag angepasst werden.
„Es kann nicht sein, dass Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) eine Veränderung durchpeitschen will, die beinahe ein Viertel der Wahlkreise betrifft“, sagte Carius im TLZ-Gespräch.
Bislang seien die betroffenen Parteien über die anstehenden Neuzuschnitte nicht informiert worden. „Ich hätte von Minister Poppenhäger, der gerne von Transparenz spricht, in dieser Angelegenheit mehr Fingerspitzengefühl erwartet“, sagte der Landtagspräsident. Er warnte die Koalition vor einem Alleingang und forderte eine fraktionsübergreifende Initiative.
Ein Wahlkreis in Thüringen ist gemäß Landeswahlgesetz neu zuzuschneiden, wenn die Bevölkerungszahl um 25 Prozent nach oben oder unten vom Durchschnitt aller Wahlkreise abweicht. Das trifft nur auf den Wahlkreis Jena I zu, der dem Statistischem Landesamt zufolge zum 31. Dezember 2015 60 360 Einwohner und damit 27 Prozent mehr als der Durchschnitt aufwies. Daher sollen Göschwitz, Winzerla, Leutra und Maua dem Wahlkreis Jena II zugeschlagen werden.
Darüber hinaus sollen die Wahlkreise Kyffhäuser I, Sömmerda II, Hildburghausen II/ Sonneberg II, Hildburghausen I/Schmalkalden-Meiningen III sowie die Wahlkreise Erfurt I IV ebenfalls in die Veränderungen einbezogen werden. Begründung: Es sei damit zu rechnen, dass eine Überschreitung der 25-Prozent-Grenze noch vor der Landtagswahl 2019 eintrete.
Die CDU vermutet Kalkül hinter der Novelle. Sie verliere, falls die Reform beschlossen werde, in Erfurt und Jena „enorm an struktureller Mehrheitsfähigkeit“, heißt es in einem internen Papier, das der TLZ vorliegt. Drei Wahlkreise würden für die CDU nicht mehr zu gewinnen sein, ein weiterer (Hildburghausen I/Schmalkalden-Meiningen III) werde nur noch schwer zu verteidigen sein.
Das Innenministerium wies die Vorwürfe als haltlos zurück.