Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Zeitungsente oder sensationeller Fund?
Gothaisches Kalenderblatt Februar: Verschollene Bronzefiguren der Wasserkunst sollen angeblich 1967 in BerlinKaulsdorf aufgetaucht sein
GOTHA. Am 4. Februar 1842 wurde dem Amtsadvokaten und Notar Dr. Ernst Schuchardt (1809-1885) und dessen zweiter Gattin Malwine (1815-1899), die eine Tochter des Botanikers Samuel Elisée von Bridel-Brideri war, vermutlich in der jetzigen Lucas-Cranach-Straße 3 ein Sohn namens Mario Ernst Hugo geboren. Er besuchte bis 1859 das Gothaer Gymnasium, um danach in Jena und Bonn klassische und romanische Philologie zu studieren. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in der Schweiz und in Italien habilitierte er sich 1870 an der Universität Leipzig. Von 1876 bis 1900 lehrte er schließlich an der Universität Graz. Der k. und k. Hofrat, der als Begründer der Kreolistik gilt, starb dort am 21. April 1927. Sowohl in Graz als auch in Wien erinnern Straßennamen an ihn.
Den am 7. Februar 1892 in Meiningen geborenen Günther Gottschalk verschlug es nach Gotha, wo er 1920 Marieluise (1895-1944), die Tochter des jüdischen Rechtsanwalts und Notars Heinrich Kunreuther (18641925) heiratete. Er studierte bis 1923 Jura und war zunächst als Hilfsrichter und Staatsanwalt tätig. Nach dem Tod seines Schwiegervaters übernahm er dessen Anwaltspraxis in der Friedrichstraße 14. Nachdem 1942 seine Schwiegermutter deportiert worden war, wurde am 1. Juni 1944 auch seine Ehefrau verhaftet und ins Ghetto Theresienstadt gebracht, wo sie umkam. Dr. Günther Gottschalk musste sieben Wochen am Westwall bei Geldern arbeiten, ehe er im Januar 1945 Leiter der Rechtsabteilung der Gothaer Waggonfabrik AG wurde. Am 4. Mai 1945 wurde er von der amerikanischen Besatzungsmacht als Gothaer Oberbürgermeister eingesetzt, jedoch bereits am 13. November durch Verfügung des Landes Thüringen wieder abgesetzt. Nachdem er im Oktober 1946 ein zweites Mal geheiratet hatte, starb er unverhofft am 30. September 1947 im damaligen Gerichtsgebäude in der vormaligen Bürgeraue-Kaserne. Die TLZ berichtete am 7. Februar 1967 über den Teilabriss des Hauses Bertha-von-SuttnerPlatz 2 wegen der geplanten Verbreiterung der Einmündung der Eisenacher Straße. Damit verschwand ein Stück des alten Gasthofes „Zum goldenen Löwen“, dem der einstige Löwenplatz seinen Namen verdankte. Nachdem das historische Gebäude später bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden war, erfolgte 1979 der komplette Abriss. Heute steht dort ein Elektronikmarkt.
Wie das „Gothaische Tageblatt“am 9. Februar 1917 berichtete, mussten wegen nicht ausreichender Heizung infolge der großen Kälte das Garnisonlazarett sowie die Reservelazarette Schießhaus, Parkpavillon, Mohren und Autogarage Büchel geschlossen werden. Die Verwundeten wurden im Hauptlazarett Winterschule, im Schloss Friedenstein und dem Reservelazarett Schützen untergebracht. Aus gleichem Grunde mussten die „Kälteferien“für die Gothaer Volks- und Fortbildungsschulen bis zum 25. Februar verlängert werden. Selbst das Hoftheater und die Stadtbibliothek mussten damals vorübergehend schließen. Der am 10. Februar 1792 in Altenburg geborene Staatsmann und spätere Geheime Regierungsrat Franz Adolph von Trützschler, der seit 1834 Ehrenbürger der Stadt Gotha ist, soll nächste Woche im Mittelpunkt der Serie „Jubilar des Monats“stehen. Der Vater des in Mannheim hingerichteten Revolutionärs Adolph von Trützschler (1818-1849) starb am 12. Juni 1873 auf Gut Heerda bei Ohrdruf.
Ein knappes Jahr nach seinem Cousin Ernst Wilhelm Arnoldi (1778-1841) starb am 10. Februar 1842 der Kaufmann und Senator Gottfried Wilhelm Arnoldi. Dieser wurde am 26. April 1780 als ältester Sohn des Kaufmanns Johann Gottfried Arnoldi (1745-1814) geboren. 1808 heiratete er Juliane (1788-1851), eine Tochter des verstorbenen Cobstädter Pfarrers Heinrich Friedrich Jacobi (1741-1791). Arnoldi fungierte seit 1829 als Ausschussvorsitzender des Sparkassenvereins und war somit maßgeblich an der Gründung der im Mai 1830 eröffneten „Sparkasse für das Herzogthum Gotha“beteiligt. Seine „Kehrjulchen“genannte Witwe kam übrigens in ihrer Wohnung in der späteren Pfortengasse 1 bei einem Raubmord ums Leben. Ebenfalls an jenem 10. Februar 1842 wurde in Weimar Carl Oesterheld geboren. Er gründete 1869 eine Buchbinderei in der Schwabhäusergasse 15, die er 1872 in die Gartenstraße 6 verlegte. Am 1. Oktober 1897 übergab er das Geschäft, das seitdem als Kartonagenfabrik und Steindruckerei „C. Oesterheld“firmierte, an seine Söhne Carl jun. (1871-1946) und Max (18721946).
Der Firmengründer starb am 6. Oktober 1900, nachdem deren Sitz im selben Jahr in die Ludwigstraße 6 verlegt worden war. Das Familienunternehmen wurde ab 1963 von Heinz Oesterheld (1914-1997) in dritter Generation geleitet. 1972 wurde der Betrieb verstaatlicht.
Vor mittlerweile einem Vierteljahrhundert stellte der inzwischen 92-jährige Dr. Helmut Roob am 11. Februar 1992 im damaligen „club parterre“in der Waltershäuser Straße 1-3 seinen neuen historischen Stadtführer von Gotha im Taschenbuchformat vor. Es war die erste Publikation
Oberbürgermeister für ein halbes Jahr
dieser Art nach der Wende und deshalb schnell vergriffen.
Der Justizamtmann und spätere Oberappellationsgerichtsrat Carl Ausfeld (1814-1900) wurde am 12. Februar 1867 als Abgeordneter zum ersten norddeutschen Parlament gewählt. Der Enkel des Pädagogen Christian Gotthilf Salzmann (17441811) war dann nach 1871 auch Reichstagsabgeordneter gewesen.
Als Sohn eines Schullehrersubstituten und späteren Kantors in Sundhausen wurde am
14. Februar 1792 Johann Heinrich Möller in Fröttstädt geboren. Nachdem er den ersten wissenschaftlichen Unterricht vom Ortspfarrer erhalten hatte, besuchte er seit 1804 das Gothaer Gymnasium.
Ab 1813 studierte er Theologie in Jena und nebenbei Syrisch und Arabisch. Bereits in den Sommerferien 1815 half er dabei, die von Ulrich Jasper von Seetzen (1767-1811) stammenden orientalischen Handschriften zu untersuchen und zu ordnen. Danach setzte er seine akademischen Studien in Göttingen fort. Nachdem er 1817 an die Herzogliche Bibliothek berufen worden war, reiste er 1820 mit Unterstützung von Herzog August nach Paris, um sich weiter auszubilden. Von 1822 bis 1838 bekleidete er eine Lehrerstelle für deutsche Sprache und Geographie an der Kaufmännischen Innungshalle. 1830 wurde Dr. Möller schließlich Direktor des Kunst- und Naturalienkabinetts und erwarb sich große Verdienste um die Neuordnung dieser Sammlung. Nachdem er 1838 als Archivsekretär mit der Aufsicht über das Herzogliche Haus- und Staatsarchiv betraut worden war, wirkte er seit 1842 als 2. Bibliothekar. Der Archivrat starb am 12. März 1867, so dass sein 150. Todestag bereits in einem Monat ansteht.
Am 16. Februar 1867 erfolgte „im Saale des Kaltwasser’schen Locales“, also im späteren Tivoli, die Gründung eines Arbeiterbundes. Dazu hatte sich im Vorfeld ein Komitee gegründet, weil die jüngsten Ereignisse den Beweis geliefert hatten, „daß eine Einigung und festes Zusammenhalten des Arbeiterstandes eine, für die Stellung des Arbeiterstandes im Staate sowohl als auch in der Gemeinde, unbedingte Nothwendigkeit ist“. Da weder der Gewerbe- noch der Arbeiterverein bisher ein ähnliches Ziel verfolgt hatten, sollte „der ArbeiterBund den Zweck haben, ein Zusammenhalten und Zusammenwirken der Arbeiter und Arbeiterfreunde in allen Fragen des öffentlichen Lebens herbeizuführen.“Als Vorstandsmitglieder wurden der Bürogehilfe Johann Jacob Nippoldt, Julius Wagner, Ferdinand Müller und August Gasterstedt gewählt. Dieser Arbeiterbund, der sich wenig später dem 1863 von Ferdinand Lassalle gegründeten ADAV anschloss, entwickelte sich zur Keimzelle der Sozialdemokratie in Gotha.
Schließlich berichtete die TLZ auf ihrer Lokalseite vom
21. Februar 1967, dass die ehemaligen Tierfiguren der Wasserkunst, die angeblich nach 1945 als Buntmetall eingezogen wurden, in Berlin-Kaulsdorf wieder aufgetaucht seien und nach dem Rückerwerb an ihre alte Stelle gesetzt würden. Eine solche Nachricht würde heutzutage wie eine Bombe einschlagen. Nachweislich wurden die vier bronzenen Wasserspeier jedoch bereits 1940 im Rahmen der damaligen „Metallspende des deutschen Volkes“der Kriegswirtschaft zugeführt. Es ist deshalb mehr als fraglich, ob sie dem Einschmelzen entgehen konnten.
Andererseits muss an solch einer konkreten Meldung zumindest ein Funke Wahrheit gewesen sein.
Ob sich die Angelegenheit irgendwie aufgeklärt oder als Irrtum erwiesen hat, ließ die TLZ zumindest im weiteren Verlauf des Jahres offen. Die jetzigen Wasserspeier der Wasserkunst konnten jedenfalls erst 1996 anhand alter Fotos durch Neuanfertigungen ersetzt werden. Vielleicht kann sich ja noch einer unserer Leser an die Angelegenheit erinnern?
Direktor des Kabinetts für Kunst und Naturalien Keimzelle der deutschen Sozialdemokraten