Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Vier Städter trainieren für heikle Abfahrt auf dem Hornschlitten
Reporter unterwegs: Am 18. Februar geht es auf dem Seimberg in Brotterode rasant bergab – Erstmals schnuppern Eisenacher in die Materie
BROTTERODE. Von ganz oben dürfen, besser sollten die vier Eisenacher als blutige Anfänger beim ersten Hornschlitten-Training am Seimberg in Brotterode noch nicht starten. Zu gefährlich, sagen Kenner. Sie wissen, wovon sie reden. Wer so einen Viererschlitten noch nie bedient hat, muss Stück für Stück lernen, wie das funktioniert. Gleich nach dem Start der knapp 1000 Meter langen Strecke geht es steil abwärts, die folgende Wasserloch-Kehre ist eine Schlüsselstelle der Abfahrt. Dort stehen nicht umsonst Banden zum Schutz der Zuschauer.
Da sagen selbst erfahrene Horn schlitten fahrer wie Bernhard Metzner ausRuhla :„ Am Start musst du dein Gehirn ausschalten. Augen zu und durch.“Die Ruhlaer um ihren Anführer Dieter Koch (65) haben sich aus dem Wettbewerb verabschiedet. Dafür schicken sich erstmals vier Eisen ach er an, beim Horn schlitten rennen am Seim berg dabei zu sein. Der Orthopädie S ch um ach er meister Stefan Heuse verfolgt das Rennen seit Jahren als Zuschauer, trug sich schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken, ein Eisenacher Teams ins Rennen zu schicken. Nun hat er drei Gleichgesinnte darunter Ralf und Stefan Galus, Vater und Sohn aus Krauthausen, zusammengetrommelt und seine guten Kontakte nach Brotterode genutzt.
Ausgerechnet zum ersten Schnuppertraining hat Heuse seinen Helm vergessen, dafür aber einen Kasten Bier für die vielköpfigen Hausherren dabei. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Der Helm ist wichtig, weil diese Hornschlittenabfahrt bei Geschwindigkeiten bis zu 70 Sachen kein Pillepalle ist. Es gibt einige, die mit krauser Stirn „oje“rufen, als sie erfahren, dass sich vier Städter anschicken, sich dieser Herausforderung zu stellen. Aber so weit ist es ja noch gar nicht, weiß Stefan Heuse.
Erste Voraussetzung dafür wäre ein Schlitten, den die Eisenacher sich borgen müssten. Dieter Koch in Ruhla würde seinen verkaufen und auch die Brotteröder haben einen übrig. Die Eisenacher wollen den zweiten aber nicht vor dem ersten Schritt machen.
Der Schnee ist noch tief und weich. Das macht die Abfahrt langsamer. Die Brotteröder Protagonisten diskutieren, wie sie den Untergrund bis zum Rennen am 18. Februar befestigen und weiter präparieren. Es soll ja tauen. Kein Nachteil: „Das ist gut für einen festeren Untergrund“, meint einer der Fachleute.
Derweil sitzen Ralf Galus und Stefan Heuse schon als Mitfahrer auf einem der einheimischen Schlitten und sind hellauf begeistert. Sie haben Blut geleckt. Beim ersten Training am Seimberg sind Brotteröder Schlitten und ihre Besatzungen am Start. Auswärtigen bleibt das Training vorenthalten oder sie müssen einen kleinen Obolus dafür entrichten, sagt Siegbert Heitepriem. Die Brotteröder hatten sich das Training mit einem Arbeitseinsatz an der Strecke quasi verdient.
Mit Quads und einem Schneemobil werden die Hörnerschlitten nach oben gezogen. Dies mit Muskelkraft zu tun, ist eine Tortur, bemerken die Eisenacher schon nach den wenigen Metern „Handarbeit“bis zum Abholpunkt. „Da hätte ich mein Quad auch mitbringen können“, meint ein entzückter Ralf Galus.
Auf die Eisenacher prasselt an der Rennstrecke eine Flut von neuen Eindrücken und Informationen ein. Siegbert Heitepriem von den „Brotteröder Flachmännern“ist einer der erfahrenen Hornschlittenfahrer. Zum zwölften Mal wird das Rennen in diesem Jahr ausgetragen. Er erzählt über Schlittendetails, Fahrtechnik, Tricks und Kniffe etwa des Kufenpräparierens. Jeder Schlitten muss vor dem Start durch die technische Abnahme und da gibt es klare Regeln.
Respekt ist erlaubt, Angst aber nicht
„Du darfst Respekt haben, aber keine Angst“, meint Siegbert Heitepriem und erfährt von Senior Klaus Peter Zustimmung. Letzterer ist quasi der Verbindungsmann zu Stefan Heuse. Der Eisenacher hat seine väterlichen Wurzeln in Brotterode und kennt dort noch allerhand Leute. Die Familie siedelte 1953 nach Eisenach um, erzählt der Handwerksmeister. Und Klaus Peter war ein Nachbar.
Der Trainingsbetrieb geht derweil in die heiße Phase und der Bierkasten leert sich. Immer mehr Teams gehen für den Start „eine Etage“höher. Und die Eisenacher bekommen jetzt für eine Fahrt im Quartett den Schlitten eines einheimischen Damenteams. Mit Brotterödern wird beratschlagt, wer auf welcher Position fährt. „Das meiste Gewicht muss hinten auf den Schlitten, also auf 3 und 4“, erklären die Experten. Da ist bei den Eisenachern schnell klar, wer wo sitzt. Auf manchen Schlitten bedient Position 2 die Bremshebel, auf anderen die Nr.
Helm ist Pflicht bei bis zu 70 Sachen
1. Klar ist für alle nur: Wer bremst, verliert. „Dabeisein ist doch alles“, ruft einer aus der Menge, indes die Eisenacher nach drei Fuhren schon Gefühl für die Materie bekommen. Unser Reporter auf Position 4 ist mittendrin, statt nur dabei.