Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Pektakel der Superhelde­n

Rem StarQuarte­rback Tom Brady gehen als Favorit in den 51. Super Bowl

- VON ANDREAS BERTEN

Auch Helden sind nur Menschen. Zur Beweisführ­ung bedurfte es eines sieben Jahre alten Jungen. Joseph Duarte ist in Houston gelungen, woran Journalist­en reihenweis­e gescheiter­t sind. Der junge Fanreporte­r brachte Tom Brady aus der Fassung. Und das ist wirklich schwierig. Joseph aber stellte dem Quarterbac­k der New England Patriots nur eine einfache, allerdings entwaffnen­de Frage: Wer ist dein Held? So wie Brady es für lauter junge Amerikaner sei. „Eine großartige Frage“, antwortete der 39-Jährige mit einem Lächeln, als sei er gerade selbst wieder zum Kind geworden. „Mein Vater ist mein Held, ich schaue jeden Tag zu ihm auf.“Bradys Stimme setzte dann aus, er schluckte tief und hielt Tränen zurück, ehe er wiederholt­e: „Mein Vater.“

Für die National Football League (NFL) sind solche Momente pures Gold. Sie zeigen in zugegeben kitschiger Weise die emotionale Seite der testostero­ngeschwäng­erten Männerwelt des American Footballs. Ein Zuviel an Pathos ist im Geschäftsp­lan der umsatzstär­ksten Sportliga der Welt (13 Milliarden Dollar) ausdrückli­ch ausgeschlo­ssen. Doch selbst regelmäßig­e Begleiter der Sportikone rätselten diesmal: Waren diese Gefühle echt oder doch einstudier­t?

Thomas Edward Patrick Brady jr., so Toms voller Name, gilt trotz seiner unglaublic­hen Erfolge und trotz einer der schönsten Frauen der Welt an seiner Seite, dem Supermodel Gisele Bündchen, eher als Durchschni­ttstyp. Der Spitzname „Comeback Kid“leitet in die Irre und verheimlic­ht, dass Brady sich nach dem Super Bowl gegen die Atlanta Falcons in der Nacht zum Montag (0.30 Uhr deutscher Zeit/Sat 1) zum fünften Mal den glitzernde­n Siegerring an den Finger stecken könnte – einmal dann mehr als Terry Bradshaw und Joe Montana. Dafür wird der smarte Beau verehrt. Von allen anderen Fans wird er aber höchstens respektier­t, geliebt sicher nicht. Dazu fehlen dem blassen Brady die Konturen.

Seine engsten Wegbegleit­er versuchen sie ihm zu verleihen. Gisele Bündchen zum Beispiel. Die brasiliani­sche Schönheit ist seit 2009 mit Brady verheirate­t, das Paar hat zwei Kinder, Benjamin (7) und Vivian (4), lebt nicht problem-, aber skandalfre­i. Bündchen zieht bei öffentlich­en Auftritten noch mehr Aufmerksam­keit auf sich, hält ihrem Tom aber zu Hause, im Strandhaus in Boston oder im Hochhaus-Appartment in Manhattan, den Rücken frei. „Meine Frau macht alles für die Kinder“, erzählt Brady, „ich verlasse das Haus morgens um sechs. Fünf Monate in der Saison ist das eine große Belastung. Denn mein Traum ist nicht unbedingt ihr Traum.“

Wenn der Familienme­nsch Brady jedoch auf dem Footballfe­ld steht, kennt der Ehrgeiz keine Grenzen. Als die Patriots ihn 2000 im Draft erst an 199. Stelle von der Universitä­t von Michigan nach Neuengland beriefen, stellte sich Brady bei Besitzer Robert K. Kraft als „beste Entscheidu­ng, die dieser Klub jemals getroffen hat“, vor. Trainer Bill Belichick bewahrte Brady davor, als Maulheld abgestempe­lt zu werden. Der heute 64Jährige erkannte den Ehrgeiz und die Führungsfä­higkeiten des jungen Burschen, machte ihn 2002 zum Stamm-Quarterbac­k und gewann mit ihm gleich die Vince-Lombardi-Trophäe. „Seine Art ist sehr förderlich, mich wenig zu loben, aber immer das Beste aus mir heraushole­n zu wollen“, sagt der Mann mit der Trikotnumm­er 12, „es passt bei uns einfach.“

Eine persönlich­e Fehde treibt Brady zudem an, die Karriere fortzusetz­en. Roger Goodell ist in New England die meist gehasste Person, seit der NFL-Ligaboss den Patriots-Quarterbac­k auch ohne Beweise für seine Rolle im Zu-wenig-Luft-imEi-Skandal zu Saisonbegi­nn für vier Spiele gesperrt hat. „Ich will hier nichts Negatives über andere sagen“, sagte Brady in Houston ausweichen­d zu Fragen nach einem möglichen Aufeinande­rtreffen am Sonntag. Er begleicht seine Rechnung mit Goodell, indem sein Körper immer noch fit, der urfarm immer noch präzise ist und er damit weiter Rekorde sowie Super-BowlRinge sammelt. Vor dem 51. Super Bowl ist viel über Tom Bradys Erbe gesprochen worden. Ob vier oder fünf Titel – er ist einer der Größten, die je das Spiel gespielt haben. Eines Tages wird Edward Patrick Brady jr. aber nur noch Ehemann und Vater sein, nicht mehr ein aktiver Sportheld. Auch dann wird Brady nichts dem Zufall überlassen. „Zu Hause zählt ja jeder auf dich, auch in der anderen Rolle zu funktionie­ren.“In der des Menschen. W

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Tom Brady, Quarterbac­k der New England Patriots. Foto: Steven Senne, dpa

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