Thüringische Landeszeitung (Gotha)

Was steckt in der Creme?

Winzige Schrift, Fremdwörte­r, Zahlencode­s – nur wenige verstehen die Liste mit Inhaltssto­ffen auf Kosmetikpr­odukten. Eine Übersetzun­gshilfe

- VON ALINA REICHARDT

Paraffine, Parabene, Aluminiums­alze – über viele Inhaltssto­ffe von Kosmetika kursiert Beunruhige­ndes. Doch wer versucht, beim Einkauf darauf zu verzichten, steht oft ratlos vor dem Regal. Die ellenlange­n, meist winzig klein gedruckten Zutatenlis­ten strotzen vor unverständ­lichen Fremdworte­n und Zahlenkolo­nnen. So lassen sie sich entschlüss­eln.

Verständli­chkeit

Schon die Basis für die kleinen Listen auf Bodylotion, Gesichtscr­eme und Co. ist ein Zungenbrec­her: die internatio­nale Nomenklatu­r kosmetisch­er Inhaltssto­ffe, kurz INCI. Sie ist Teil der EU-Kosmetikri­chtlinie und soll dafür sorgen, dass auf allen in der EU gehandelte­n Kosmetika die gleichen Bezeichnun­gen für bestimmte Inhaltssto­ffe stehen. In ihr ist etwa festgeschr­ieben, dass der häufig verwendete Stoff Sheabutter „Butyro Spermum Parkii Butter“heißen muss. Übersetzen können das wohl nur wenige, obwohl das der ursprüngli­che Glycerin hält Feuchtigke­it in der Haut. Octyldodec­anol verbessert den Geruch von Produkt und Körper. Der Duftstoff Geraniol muss wegen seines Allergiepo­tenzials deklariert werden. Fotos: Reichardt Gedanke hinter der Regelung war. „Auf Kosmetikpr­odukten stehen englische und lateinisch­e Fachbegrif­fe, weil die meisten Menschen sie so über Sprachgren­zen hinweg verstehen können sollen“, erklärt Lea Lukas, Kosmetikex­pertin von der Stiftung Warentest. „Die Kosmetikhe­rsteller müssen seit 1997 die Inhaltssto­ffe angeben – und zwar vollständi­g.“

Generell hätten sich die Gesetzgebe­r dabei auf englische Begriffe geeinigt. „Ausgenomme­n sind Pflanzenna­men, sie werden in Latein genannt.“Das Gleiche gilt auch für Stoffe des alltäglich­en Gebrauchs, Wasser steht deshalb als „Aqua“und Essig als „Acetum“auf den Produkten. Wer verbrauche­rfreundlic­h informiere­n wolle, müsse eine zusätzlich­e deutsche Übersetzun­g der Stoffe zur Verfügung stellen, fordern die Verbrauche­rzentralen. Das geschieht allerdings nur selten, weiß Expertin Lukas.

Verbrauche­r, die auch ohne Lateinkenn­tnisse wissen möchten, was in ihrem Shampoo oder Deo steckt, können einen Service des Portals Haut.de nutzen. Die von der Kosmetikin­dustrie mitgeförde­rte Internetse­ite bietet einen INCI-Übersetzer. Für jeden Inhaltssto­ff gibt es dort eine deutsche Übersetzun­g sowie eine Erklärung, was der Stoff in dem Produkt bewirken soll. Der Service ist auch als kostenlose App für das Smartphone verfügbar.

Duftstoffe

Einige Informatio­nen können Verbrauche­r auch ohne Lateinkenn­tnisse von ihren Produkten ablesen. So sind die Inhaltssto­ffe, auf den meisten Produkten als „Ingredient­s“bezeichnet, nach ihrem Gewichtsan­teil angegeben.

„Was in der Liste ganz vorn steht, macht den größten Anteil im Produkt aus“, erklärt Lukas. Wie viel Prozent genau, muss allerdings nicht angegeben sein. „Inhaltssto­ffe, die nur zu einem Prozent oder weniger enthalten sind, dürfen am Ende ungeordnet aufgeliste­t werden“, ergänzt die Expertin. Duftstoffe dürfen auch gesammelt unter dem Begriff „Parfum“oder

„Fragrance“auf der Verpackung stehen. Ausnahme sind 26 Stoffe, „die europaweit am häufigsten bei Menschen Allergien hervorrufe­n“, wie das Bundesamt für Verbrauche­rschutz und Lebensmitt­elsicherhe­it (BVL) erklärt. Sind sie auf abwaschbar­en Produkten zu mehr als 0,01 Prozent oder in Produkten, die auf Haut oder Haaren bleiben, zu mehr als 0,001 Prozent enthalten, müssen sie gekennzeic­hnet werden. So können Allergiker sie mit ihrem Allergiepa­ss abgleichen – laut Deutschem Allergie- und Asthmabund leidet fast jeder fünfte Deutsche unter einer sogenannte­n Kontaktall­ergie. Eine Liste der 26 Stoffe ist im Internet und bit.ly/1NQfiAE zu finden.

Farbstoffe

Die knalligen Farben vieler Kosmetika kommen selten durch natürliche Inhaltssto­ffe zustande. Farbstoffe sind mit der Abkürzung „CI“und einer fünfstelli­gen Zahlenkomb­ination gekennzeic­hnet. Die Abkürzung CI steht dabei für Colour-Index. „Bei dekorative­n Kosmetika, die in einer Palette von Farbnuance­n vermarktet werden, können alle in der Palette verwendete­n Farbstoffe gesammelt aufgeführt werden, sofern davor „kann ... enthalten“oder das Symbol „+/-“steht“, erklärt Armin Valet von der Verbrauche­rzentrale Hamburg. Welches Produkt genau welchen Farbstoff enthält, ist für Verbrauche­r dann nicht ersichtlic­h.

Lesbarkeit

Auf sehr kleinen Produkten ist oft kaum Platz für eine lesbare Liste von Inhaltssto­ffen. „Die Hersteller behelfen sich in diesem Fall oft, indem sie auf dem Produkt nur ein Symbol, eine Hand in einem offenen Buch, abbilden“, sagt Expertin Lea Lukas. „Das heißt: Die Deklaratio­n ist auf einem Schild am Regal oder in einer Broschüre nachzulese­n.“

Haltbarkei­t

„Grundsätzl­ich muss bei jedem kosmetisch­en Mittel entweder ein Mindesthal­tbarkeitsd­atum oder die Verwendung­sdauer nach dem Isopropylp­almitat verbessert den Geruch von Produkten. Helianthus Annuus Hybrid Oil ist Sonnenblum­enöl, es soll die Haut geschmeidi­g machen. Magnesiums­ulfat verbessert etwa die Konsistenz von Kosmetika. ersten Öffnen angegeben sein“, erklärt Lukas – etwa mit dem Symbol eines geöffneten Gefäßes und einer Zahl darin.

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