Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Zwangsaufenthalt im Oman ist für Görlitz beendet
Der Experimentalarchäologe wurde wegen ägyptischem Auslieferungsgesuch festgehalten
Am Mittwoch hatte Dominique Görlitz einen Termin in Gotha. Der Experimentalarchäologe hielt einen Vortrag anlässlich eines Firmenjubiläums. Zuvor hatte er bei seinen Eltern noch eine Thüringer Bratwurst genossen. Dass die ihm besonders gut geschmeckt hat, liegt an den vergangenen Wochen – denn Görlitz, der durch seine Schilfboot-Expeditionen bekannt geworden ist – saß seit Anfang April im Oman fest. Erst am Montag ist er wieder zu Hause in Chemnitz angekommen.
„Als ich am Ende meiner Vortragsreise nach Hause wollte, wurde ich auf dem Flughafen Muskat von dortigen Behörden gestoppt. Wie sich während der nachfolgenden Diskussion herausstellte, lag gegen mich von den ägyptischen Behörden immer noch ein Interpol-Suchbefehl vor. Daraufhin wurde ich in der Polizeistation Muskat für vier Tage inhaftiert, um die Hintergründe zu klären“, erzählt Dominique Görlitz. Die Tage im Gefängnis seien vor allem mental belastend gewesen, „aber die osmanischen Behörden haben mich sehr privilegiert untergebracht und ein Schnellverfahren eingeleitet, um die Vorwürfe rasch zu klären“.
Die Reise nach Arabien sei nicht leichtsinnig gewesen, betont der gebürtige Gothaer. „Ich hatte im Vorfeld von einer deutschen Polizeibehörde meinen Interpol-Status weltweit prüfen lassen. Man versicherte mir, dass gegen mich aus dem Ausland keinerlei Suchanfragen vorlägen und dass ich problemlos meine Reise in den Oman antreten könne.“
Doch es kam anders, und die osmanischen Behörden mussten nun prüfen, ob der Auslieferungsantrag Ägyptens rechtens ist. Die ägyptischen Behörden wiederum bekamen 40 Tage Zeit, um ihren Auslieferungsantrag zu untermauern und Beweise vorzulegen. Hintergrund für dieses Gesuch waren die Anschuldigungen durch die Ägypter, dass Görlitz und sein Team im April 2013 in Ägypten die berühmte Cheops-Kartusche beschädigt haben sollen. Diese Beschädigungsvorwürfe stellten sich jedoch als haltlos heraus. Mit Hilfe internationaler Wissenschaftler konnte aufgeklärt werden, dass die konkret vorgeworfenen Beschädigungen an der Cheops-Inschrift bereits im Jahr 2006 vorgelegen haben (wir berichteten).
Um seine Unschuld zu untermauern, ließ sich Dominique Görlitz von zu Hause alle wichtigen Unterlagen schicken. „Zum Glück hatte ich via Facebook und Skype Kontakt zu meiner Lebensgefährtin. So ließ sich die ungewisse Zeit des Wartens besser verkraften.“
Während seines unfreiwilligen Aufenthaltes lebte Dominique Görlitz bei einer Familie, die er erst im Oman kennengelernt hatte. „Was sie für mich getan haben, war hervorragend, und ich zolle dieser Familie höchsten Respekt für ihre Menschlichkeit, ihr Vertrauen und ihre Freundschaft. Sie halfen mir, Dinge zu klären und vermittelten mir wichtige Kontakte“, ist Görlitz immer noch ganz angetan. Das seien aber nicht die einzigen Helfer gewesen. „Ich habe sehr viel Unterstützung bekommen. Dafür bin ich unendlich dankbar.“
Nur so sei es ihm auch möglich gewesen, den Zwangsaufenthalt produktiv zu nutzen, um weitere wissenschaftliche Forschungskooperation zu omanischen Universitäten aufzubauen. So hielt er Vorträge an Schulen und an Universitäten im Oman über die ursprünglich geplanten Termine hinaus, um sein neues Forschungsprojekt im Sultanat für 2019/2020 vorzubereiten. Das International Maritime College of Oman in Suhar (IMCO) bot ihm – sobald die Voraussetzungen für das Projekt im Land geleistet sind – eine künftige Kooperation an. „Vom IMCO erhielt ich für meine Arbeiten am AboraProjekt auch den Universitätsforschungspreis “, sagt Görlitz.
Mit den Schilfbooten Abora 1 bis 3 hatten Mitglieder des Vereins für experimentelle Archäologie bei ihren Expeditionen auf dem Mittelmeer und auf dem Atlantik den Beweis erbracht, dass schon prähistorische Schilfboote gegen den Wind segeln konnten – ein Austausch der Kulturen also bereits lange vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus möglich gewesen sein kann.
Forschungspreis und weitere Kooperation