Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Weimarer Wirtschaftsforum: Wie schnell ist schnelles Internet?
Zwischen dem, was beim Breitbandausbau in Erfurt geplant und in Berlin gedacht wird, liegen offenbar Welten
Steuerliche Innovationsförderung
WEIMAR. Sein Auftritt wirkt, als sei er nie weggewesen: Matthias Machnig (SPD), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, ist nach Weimar gekommen, um beim 8. Weimarer Wirtschaftsforum zu sprechen. Erstmals als Gast, wie er betont.
Die Begrüßung ist herzlich bis euphorisch. Überall schlägt dem Ex-Wirtschaftsminister Thüringens, der sonst stets Gastgeber des Wirtschaftsforums gewesen ist, ein Lächeln entgegen. Viele Unternehmer, die in die Weimarhalle gekommen sind, sind ihm nach wie vor bekannt.
Machnig hört die Worte seines Nachfolgers Wolfgang Tiefensee (SPD) aufmerksam. Gerade auch das, was der Sozialdemokrat zum Breitbandausbau sagt, interessiert ihn. Denn schließlich steht das Forum, zu dem mehrere Hundert Unternehmer aus Thüringen gekommen sind, unter dem Schlagwort „Wachstum durch Innovation“. Eine digitale Vernetzung, soviel wird in all den Reden schnell klar, ist für dieses Ziel unerlässlich. Und dennoch: Zwischen dem, was in Thüringen als Versorgung mit schnellem Internet verstanden wird und den Kategorien, die im Bundeswirtschaftsministerium gelten, scheint es erhebliche Unterschiede zu geben. So macht Tiefensee deutlich, dass eine flächendeckende Versorgung mit einer Internetgeschwindigkeit von 50 Mbit/Sekunde bis 2019 in Thüringen geschaffen werden soll – vom urbanen Raum bis ins Dorf. „Wir werden das schaffen“, sagt Tiefensee und kündigt gleichermaßen an, dass die sogenannten „points of interest“wie Hochschulen oder Gewerbegebiete mit noch schnellerem Internet ausgestattet werden sollen. 100 Millionen Euro aus Landesmitteln und 175 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt sollen in den Ausbau in den nächsten Jahren fließen – nahezu jede Gemeinde, die aktuell unterversorgt sei, habe einen Fördermittelantrag gestellt. Tiefensee, gerade frisch aus den USA zurückgekommen, verkauft diese Breitbandziel positiv. Für viele Bereiche Thüringens wäre es wohl ein Fortschritt.
Doch spätestens, als Matthias Machnig, der die Probleme mit der Breitbandversorgung aus seiner Thüringer Zeit als Wirtschaftsminister bestens kennt, ans Mikrofon geht und einen bestimmten Satz sagt, wird klar, dass gerade bei der Internet-Geschwindigkeit Welten zwischen dem liegen, was hierzulande verhandelt und in Berlin gedacht wird. „Die 50-Megabit-Idee ist ein nettes Ziel. Es wird bei Weitem nicht ausreichen.“Die Größenordnung der Zukunft heißt aus Sicht Machnigs „Cetrabite“.
In Weimar sind gestern Hunderte Unternehmer zusammengekommen, um sich zu vernetzen und dabei nicht nur über aktuelle Projekte zu sprechen. Sie haben die Möglichkeit auch genutzt, sowohl Machnig als auch Tiefensee zu sagen, wo die Säge klemmt. In einem Punkt hat Kerstin Schreiber, Alleinvorstand der Funkwerk AG in Kölleda, beim Wirtschaftsstaatssekretär offene Türen eingerannt. Machnig hatte schon in seiner Rede deutlich gemacht, dass es in Deutschland eine steuerliche Innovationsförderung geben müsse. Zehn Prozent der Personalkosten für Forschung und Entwicklung sollten, so Machnigs Vorschlag, im Unternehmen verbleiben können. „Wir brauchen nach 40 Jahren Debatte endlich die Einführung dieser steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung“, sagte er. Schreiber unterstrich das aus Sicht ihres Unternehmens später in einer der zahlreichen Diskussionsrunden.
Auch dem Thüringer Wirtschaftsminister hatte sie noch etwas mit auf den Weg zu geben – die Bearbeitungszeiten für Fördermittelanträge müssten kürzer werden, sagte sie.